4.3.10 Examen des arguments des parties dans la décision écrite
Le droit d'être entendu au sens de l'art. 113(1) CBE implique non seulement de permettre aux parties de prendre position (sur les faits et raisonnements pertinents pour la décision), mais aussi de tenir compte de ces observations, c'est-à-dire de les examiner sous l'angle de leur pertinence pour la décision (R 23/10 ; cf. également R 13/12, R 12/14). Dans la décision R 8/11, la Grande Chambre a estimé que l'art. 113(1) CBE implique le droit pour les parties que l'instance compétente leur permette de présenter les arguments nécessaires au soutien de tous les aspects essentiels de l'affaire, que l'instance prenne connaissance de ces éléments et se prononce dessus dans sa décision (voir aussi R 19/12 du 12 avril 2016 date: 2016-04-12). Dans l'affaire R 8/15, la Grande Chambre de recours a considéré que pour décider de présenter ou non une requête en révision, une partie doit être en mesure de déterminer si la chambre lui a accordé son droit d'être entendu.
Dans la décision R 4/12, la Grande Chambre a constaté que des remarques faites oralement par le président d'une chambre juste avant le prononcé de la décision ne constituent pas les motifs d'une décision lesquels doivent, dans certaines limites, prendre en considération les arguments de la partie.
Dans l'affaire R 8/15, la Grande Chambre a considéré que l'art. 113(1) CBE doit être interprété de manière plus restrictive que la règle 102g) CBE. Conformément à cette règle, une chambre doit fournir les motifs de sa décision. Cependant, la violation de cette disposition ne constitue pas en soi un motif de révision. Les motifs peuvent ne pas être exhaustifs, mais il n'y a pas violation de l'art. 113(1) CBE dès lors qu'ils permettent de conclure que pendant la procédure de recours, la chambre a évalué sur le fond une question spécifique qu'elle jugeait pertinente (voir aussi R 2/18). Confirmant l'approche suivie dans l'affaire R 8/15, la Grande Chambre a estimé dans la décision R 10/18 qu'une chambre est présumée avoir pris en considération les moyens soumis par une partie qu'elle n'a pas traités dans les motifs de sa décision. Une exception peut s'appliquer en cas d'indications contraires, par exemple si une chambre ne traite pas, dans les motifs de sa décision, des moyens soumis par une partie qui, sur une base objective, sont décisifs pour l'issue de l'affaire, ou si elle rejette ces moyens sans évaluer d'abord leur exactitude.
Les décisions des chambres de recours ne sont susceptibles que de réexamen mais pas de recours, et, à ce titre, ne sont pas couvertes par la règle 111(2) CBE, selon laquelle les décisions contre lesquelles un recours est ouvert doivent être motivées (R 6/11 ; voir par contre R 12/10 ; consulter également le présent chapitre, V.B.3.4.2).
- R 10/20
Catchword:
Artikel 113(1) EPÜ verlangt, dass die Kammer Vorbringen eines Beteiligten in der Sache berücksichtigt hat, d.h. - erstens, dass sie das Vorbringen eines Beteiligten zur Kenntnis genommen und - zweitens dieses Vorbringen erwogen hat, d.h. geprüft hat, ob es relevant und ggf. richtig ist. Es wird vermutet, dass eine Kammer das Vorbringen eines Beteiligten in der Sache berücksichtigt hat, welches sie in den Entscheidungsgründen nicht behandelt hat. Denn dann ist anzunehmen, dass es aus ihrer Sicht nicht relevant war. Diese Vermutung kann widerlegt sein, wenn Anzeichen für eine Nicht-Berücksichtigung vorliegen, z.B. wenn eine Kammer in den Entscheidungsgründen das Vorbringen eines Beteiligten nicht behandelt, welches objektiv betrachtet entscheidend für den Ausgang des Falles ist, oder derartiges Vorbringen von der Hand weist, ohne es zuvor auf seine Richtigkeit zu überprüfen. (Siehe Nr. 3.2.1.1; Weiterführung von R 8/15, R 10/18 und R 6/20) Der Charakter eines Vorbringens als objektiv betrachtet entscheidend für den Ausgang des Falles muss sich aufdrängen. Das folgt daraus, dass das Überprüfungsverfahren nach Artikel 112a EPÜ grundsätzlich nicht der Überprüfung des materiellen Rechts dient, weswegen Ausnahmen von diesem Grundsatz nur unter strengen Voraussetzungen zuzulassen sind. (Siehe Nr. 3.2.1.2)
- R 6/20
Catchword:
1. The Enlarged Board of Appeal affirms its previous decisions R 8/15 and R 10/18. 2. Catchword 1, second paragraph, of R 10/18 reading: "Article 113(1) EPC is infringed if the board does not address submissions that, in its view, are relevant for the decision in a manner adequate to show that the parties were heard on them, i.e. that the board substantively considered those submissions..." is complemented as follows: the requirement that "the Board substantively considered those submissions" should be given the meaning that "the Board considered the contents of those submissions", with this consideration comprising matters - pertaining to admittance of facts, evidence and requests, and/or - relating to substantive law, i.e. the merits of a case. (See Reasons, point 2). 3. Article 12(4) RPBA 2007 is in line with Articles 114(1) and 113(1) EPC. (See Reasons, point 3.2.2(a) in fine.)
- R 12/22
Résumé
Der Antrag auf Überprüfung in R 12/22 wurde darauf gestützt, dass die angefochtene Entscheidung in mehrfacher Hinsicht mit einem schwerwiegenden Verfahrensmangel behaftet sei, und – ebenfalls in mehrfacher Hinsicht – ein schwerwiegender Verstoß gegen Art. 113 EPÜ vorliege.
Die Große Beschwerdekammer (GBK) erörterte zunächst, dass ein Verstoß gegen die Begründungspflicht nach R. 102 g) EPÜ nicht von Art. 112a (2) d) EPÜ erfasst sei. Sie verwies auf die in R 10/18 und R 10/20 dargelegten Grundsätze zum Umfang der Begründungspflicht. Die von der Antragstellerin zitierte Aussage aus der Kommentarliteratur, das Korrelat zum Äußerungsrecht nach Art. 113 (1) EPÜ bilde die Pflicht, die Entscheidungen zu begründen, müsse im Einklang mit diesen Grundsätzen stehen. Eine Behandlung des Geäußerten in den Entscheidungsgründen sei nur unter den in R 10/18 und R 10/20 dargelegten Voraussetzungen vom Recht auf rechtliches Gehör gefordert. Hingegen beinhalte das Recht auf rechtliches Gehör neben dem Äußerungsrecht das Recht auf Berücksichtigung des Geäußerten. Wenn ein Schlagwort zur Charakterisierung dieser Beziehung als nützlich empfunden werden sollte, dann würde sich der Kammer zufolge der Begriff "Korrelat" hier eignen.
Zu den geltend gemachten Verfahrensmängeln gemäß Art. 112a (2) d) EPÜ, stellte die GBK fest, dass die Antragstellerin sich weder auf das Übergehen eines Antrags auf mündliche Verhandlung (R. 104 a) EPÜ) noch eines sonstigen relevanten Antrags im Verfahren (R. 104 b) EPÜ) berufen hatte, weshalb der Überprüfungsantrag diesbezüglich für unbegründet befunden wurde.
Zu den geltend gemachten Verfahrensmängeln gemäß Art. 112a (2) c) EPÜ, befand die GBK unter anderem Folgendes:
G 1/21 habe klargestellt, dass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Form einer Videokonferenz grundsätzlich keinen Verstoß gegen das Recht auf rechtliches Gehör bedeute. Die Auffassung der Antragstellerin, eine nur theoretische Möglichkeit verschlechterter Kommunikation und Austauschmöglichkeit stelle bereits einen Verstoß gegen Art. 113 (1) EPÜ dar, stehe in diametralem Gegensatz zu G 1/21. In Bezug auf Art. 15a VOBK betonte die GBK, dass eine unzutreffende Ermessensausübung zugunsten der Durchführung einer mündlichen Verhandlung als Videokonferenz mangels Einfluss auf das Recht auf rechtliches Gehör keinen Verstoß gegen dieses Recht begründen könne, wenn ein konkreter praktischer Mangel weder behauptet noch ersichtlich sei.
In Bezug auf die beanstandete Zulassung des Vortrags einer Begleitperson stellte die GBK klar, dass es auf einen abstrakten Verstoß gegen die in G 4/95 aufgestellten Zulassungsvoraussetzungen bei der Prüfung eines Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör nicht ankommen könne. Denn letzteres Recht beziehe sich auf die Möglichkeit, auf den Inhalt konkreter Äußerungen angemessen reagieren zu können, nicht auf das Recht, diesen Inhalt durch eine zum umfassenden Vortrag berechtigte und von einem zugelassenen Vertreter hierbei beaufsichtigte Begleitperson präsentiert zu bekommen.
In Bezug auf den geltend gemachten Verstoß gegen Art. 113 EPÜ infolge der kurzfristigen Umbesetzung der zuständigen Beschwerdekammer stellte die GBK unter anderem fest, dass aus dem Recht auf rechtliches Gehör kein Recht eines Beteiligten auf einen Nachweis folge, dass ein Kammermitglied ausreichend vorbereitet ist, weder im Falle einer kurzfristigen Einwechslung noch generell. Denn die Ausübung eines solchen Rechts würde gegen die Unabhängigkeit des betroffenen Beschwerdekammermitglieds verstoßen.
Zu dem geltend gemachten Verstoß gegen Art. 113 EPÜ infolge einer "fehlerhaften und widersprüchlichen Beurteilung" des streitpatentgemäßen Gegenstands, stellte die GBK klar, dass dies nur dann beanstandet werden könnte, wenn die Widersprüche gleichbedeutend damit wären, dass die Kammer das Vorbingen in den Entscheidungsgründen nicht behandelt hätte und dieses objektiv betrachtet entscheidend für den Ausgang des Falles gewesen wäre. Dass die widersprüchliche Begründung gleichbedeutend mit einer Nicht-Begründung ist, müsse sich aufdrängen.
Der Antrag auf Überprüfung wurde folglich als offensichtlich unbegründet verworfen.
- Compilation 2023 “Abstracts of decisions”