5. Anmeldungen betreffend Nucleotid- oder Aminosäuresequenzen
Overview
Sind in der europäischen Patentanmeldung Nucleotid- oder Aminosäuresequenzen nach Regel 30 (1) offenbart, so sind sie in einem dem WIPO-Standard ST.26 entsprechenden Sequenzprotokoll darzustellen. WIPO-Standard ST.26 ist ein weltweiter Standard, der in Anhang VII Empfehlungen enthält, wie die mögliche Hinzufügung oder Streichung von Gegenständen in Sequenzprotokollen bei der Konversion von WIPO-Standard ST.25 zu WIPO-Standard ST.26 vermieden werden kann. Das EPA zieht diese Empfehlungen als Leitlinie für die Prüfung heran. Das Sequenzprotoll muss alle in den Anmeldungsunterlagen (einschließlich Zeichnungen) offenbarten Nucleotid- oder Aminosäuresequenzen umfassen, die über die im Standard definierte Mindestlänge hinausgehen, selbst wenn es sich lediglich um Fragmente einer anderen offenbarten Sequenz handelt. Es muss in elektronischer Form eingereicht werden, d. h. im nach dem WIPO-Standard ST.26 erforderlichen XML-Format, unter Verwendung der EPA-Formblätter 1001E, 1200E oder 1038E, die in der Online-Einreichung des EPA und der Online-Einreichung 2.0 verfügbar sind, oder auf einem elektronischen Datenträger (siehe A‑II, 1.1.1 und ABl. EPA 2023, A48). Wird die europäische Patentanmeldung online eingereicht, ist das elektronische Sequenzprotokoll im vorgeschriebenen Format als Anhang einzureichen. Es darf nicht auf Papier oder im PDF-Format eingereicht werden. Zu Teilanmeldungen siehe A‑IV, 5.4. Werden Wenn am Anmeldetag zwei oder mehr Sequenzprotokolle eingereicht werden, so wird der Recherche nur das standardkonforme Sequenzprotokoll zugrunde gelegt. Siehe hierzu den Beschluss des Präsidenten des EPA vom 9. Dezember 2021, ABl. EPA 2021, A96 und die Mitteilung des EPA vom 9. Dezember 2021, ABl. EPA 2021, A97 sowie den Beschluss des Präsidenten des EPA vom 24. April 2023, ABl. EPA 2023, A46 und die Mitteilung des EPA vom 24. April 2023, ABl. EPA 2023, A47.
Wird ein Sequenzprotokoll nach dem Anmeldetag eingereicht oder berichtigt, hat der Anmelder eine Erklärung abzugeben, dass dieses Sequenzprotokoll nichts enthält, was über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht. Nach dem Anmeldetag, d. h. in Erwiderung auf die Aufforderung nach Regel 30 (3) eingereichte standardkonforme Sequenzprotokolle sind nicht Teil der Beschreibung und werden daher nicht mit der europäischen Patentanmeldung veröffentlicht. Wird ein Sequenzprotokoll, das Teil der Beschreibung ist, berichtigt oder geändert, so muss ein vollständiges neues Sequenzprotokoll eingereicht werden. Das berichtigte oder geänderte Sequenzprotokoll muss dem anwendbaren WIPO-Standard entsprechen, der vom Anmeldetag der Anmeldung abhängt. Bei Anmeldungen, die am oder nach dem 1. Juli 2022 eingereicht wurden, muss das Sequenzprotokoll dem WIPO-Standard ST.26 entsprechen. Bei Anmeldungen, die vor diesem Datum eingereicht wurden, muss das Sequenzprotokoll dem WIPO-Standard ST.25 entsprechen.
Bezugnahmen auf Sequenzen, die zum Stand der Technik gehören, werden in F‑II, 6.1 behandelt.
Die Eingangsstelle teilt dem Anmelder etwaige Mängel bezüglich des Sequenzprotokolls oder der erforderlichen Erklärungen mit und fordert ihn auf, innerhalb einer nicht verlängerbaren Frist von zwei Monaten die festgestellten Mängel zu beseitigen und eine Gebühr für verspätete Einreichung zu entrichten. Letztere gleicht den Verwaltungsaufwand aus, der mit dem Erlass der Mitteilung nach Regel 30 (3) und der verzögerten Weiterleitung der Anmeldung an die Recherchenabteilung bis zur Vorlage eines standardkonformen Sequenzprotokolls verbunden ist. Diese Gebühr entfällt daher, wenn das standardkonforme Sequenzprotokoll nach dem Anmeldetag, aber vor Erlass der Mitteilung nach Regel 30 (3) durch die Eingangsstelle eingereicht wird. Werden die Erfordernisse der Regel 30 in Verbindung mit dem Beschluss des Präsidenten des EPA vom 9. Dezember 2021 einschließlich der Entrichtung der Gebühr für verspätete Einreichung nicht rechtzeitig erfüllt – gegebenenfalls nach entsprechender Aufforderung durch die Eingangsstelle –, so wird die Anmeldung nach Regel 30 (3) zurückgewiesen. Dies gilt auch, wenn zwar ein Sequenzprotokoll in elektronischer Form, d. h. im vorgeschriebenen Format nachgereicht wurde, dieses jedoch noch Mängel in Bezug auf den WIPO-Standard aufweist. Solche fortbestehenden Mängel lösen keine neue Aufforderung des EPA nach Regel 30 (3) und folglich keine neue Zweimonatsfrist aus, es sei denn, der Anmelder wurde in der früheren Aufforderung nicht auf diese fortbestehenden Mängel aufmerksam gemacht (siehe J 7/11).