Kapitel V – Materiellrechtliche Prüfung beim Einspruch
Zur ausreichenden Offenbarung der Erfindung in der europäischen Patentanmeldung siehe F‑III, 1 bis F-III, 3.
Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für das Einspruchsverfahren. Maßgeblich ist hier der Offenbarungsgehalt der europäischen Patentschrift, d. h. das, was der Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dem expliziten und impliziten Offenbarungsgehalt der Patentansprüche, der Beschreibung und gegebenenfalls der Zeichnungen ohne erfinderisches Zutun entnehmen konnte. Gemäß Art. 100 b) hat nämlich das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig zu offenbaren, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Mängel in der Patentschrift nach Art. 100 b) bezüglich der Ausführbarkeit über den gesamten Schutzbereich können, falls in den ursprünglichen Unterlagen diesbezüglich eine ausreichende Offenbarung vorliegt, behoben werden, jedoch nur unter der Voraussetzung, dass gemäß Art. 123 (2) der Gegenstand des europäischen Patents nicht über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht und gemäß Art. 123 (3) der Schutzbereich nicht erweitert wird.
Der Fachmann, der die beanspruchte Erfindung ausführen will, liest die Ansprüche in technisch sinnvoller Weise. Ein Einwand wegen mangelnder Offenbarung der Erfindung kann daher nicht auf sinnlose Ausführungsformen gestützt werden, die nicht zur Gesamtheit der technischen Lehre passen (siehe T 521/12).
Fehlt ein für die Ausführung der Erfindung wesentliches Merkmal im Anspruch, das jedoch in der Beschreibung und/oder in den Zeichnungen offenbart ist, so liegt in der Regel kein Mangel gemäß Art. 100 b) vor. Gegen zu weit gefasste Ansprüche kann jedoch ein Einwand gemäß Art. 56 erhoben werden (siehe T 939/92).