Kapitel VII – Erfinderische Tätigkeit
Der Gegenstand von Auswahlerfindungen unterscheidet sich vom nächstliegenden Stand der Technik darin, dass er ausgewählte Teilmengen oder Teilbereiche darstellt. Zur Beurteilung der Neuheit siehe G‑VI, 7. Ist diese Auswahl mit einer besonderen technischen Wirkung verbunden und gibt es keine Hinweise, die den Fachmann zu der Auswahl führen, so liegt erfinderische Tätigkeit vor (die in dem ausgewählten Bereich auftretende technische Wirkung kann auch dieselbe sein, wie sie in dem breiteren bekannten Bereich erzielt wird, jedoch in einem unerwarteten Ausmaß). Das Kriterium des "ernsthaften Erwägens", das im Zusammenhang mit der Neuheitsprüfung bei sich überschneidenden Bereichen genannt wird, ist nicht zu verwechseln mit der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Im Hinblick auf die erfinderische Tätigkeit ist zu ermitteln, ob der Fachmann die Auswahl getroffen bzw. den Überschneidungsbereich gewählt hätte, weil er sich davon eine Verbesserung oder einen Vorteil erwartete. Wird dies verneint, so weist der beanspruchte Gegenstand erfinderische Tätigkeit auf.
Der unerwartete technische Effekt muss für den ganzen beanspruchten Bereich gelten. Tritt er nur in einem Teil dieses Bereiches auf, löst der Anspruch nicht die auf diesem Effekt beruhende Aufgabe, sondern nur eine allgemeinere Aufgabe, z. B. "ein weiteres Produkt X" oder "ein weiteres Verfahren Y" bereitzustellen (siehe T 939/92).
Die Entscheidung T 261/15 bestätigte, dass das Erfordernis, wonach ein Teilbereich eine gezielte Auswahl sein muss, eine Frage der erfinderischen Tätigkeit ist und nicht für die Begründung der Neuheit gilt (siehe auch G‑VI, 8).