2. Prüfungsantrag und Weiterleitung der Akte an die Prüfungsabteilung
Die Prüfungsgebühr wird
i)in voller Höhe zurückerstattet, wenn die europäische Patentanmeldung zurückgenommen oder zurückgewiesen wird oder als zurückgenommen gilt, bevor die Sachprüfung begonnen hat (Art. 11 a) GebO),
ii)zu 50 % zurückerstattet, wenn die europäische Patentanmeldung zurückgenommen wird, nachdem die Sachprüfung begonnen hat und
– bevor die (verlängerte) Frist für die Erwiderung auf die erste von der Prüfungsabteilung selbst erlassene Aufforderung nach Art. 94 (3) abgelaufen ist oder,
– falls die Prüfungsabteilung keine solche Aufforderung erlassen hat, vor dem Datum der Mitteilung nach Regel 71 (3) (Art. 11 b) GebO).
Der Fall i) betrifft alle europäischen Patentanmeldungen, die ab dem 1. Juli 2016 zurückgenommen oder zurückgewiesen werden oder als zurückgenommen gelten. Der Fall ii) betrifft alle europäischen Patentanmeldungen, bei denen die Sachprüfung am oder nach dem 1. November 2016 begonnen hat (siehe Beschluss des Verwaltungsrats vom 29. Juni 2016, ABl. EPA 2016, A48). Für alle Anmeldungen, für die die Sachprüfung vor diesem Datum begonnen hat, gilt weiterhin Art. 11 GebO in der vor dem 1. November 2016 geltenden Fassung, d. h. die Prüfungsgebühr wird nicht zurückerstattet, wenn die Anmeldung in diesem Verfahrensstadium zurückgenommen oder zurückgewiesen wird oder als zurückgenommen gilt.
"Von der Prüfungsabteilung selbst erlassene" Mitteilungen nach Art. 94 (3) (siehe auch C‑III, 4) sind alle Mitteilungen, die besagen, dass die Anmeldung nicht den Erfordernissen des EPÜ genügt und nach Art. 94 (4) als zurückgenommen gilt, wenn die Mängel nicht vorschriftsgemäß beseitigt werden. Dazu zählen unter anderem:
–Aufforderungen nach Regel 137 (4)
– Niederschriften über telefonische oder persönliche Rücksprachen, die zusammen mit einer Aufforderung zur Mängelbeseitigung übermittelt werden
– Mitteilungen betreffend das Kriterium "vollständig enthalten" gemäß Regel 56 (3) oder Regel 56a (4)
– Ladungen zur mündlichen Verhandlung gemäß Regel 115 (1), denen ein den Erfordernissen von Art. 94 (3) und Regel 71 (1) genügender Bescheid beigefügt ist
Dagegen sind Mitteilungen, in denen auf rein formale Mängel hingewiesen wird und die von Formalsachbearbeitern im Rahmen der ihnen übertragenen Geschäfte erlassen werden, auch wenn sie auf der Grundlage von Art. 94 (3) ergehen, keine "von der Prüfungsabteilung selbst erlassenen" Mitteilungen nach Art. 94 (3). Ebenso wenig wirken sich Mitteilungen, die von der Prüfungsabteilung selbst auf einer anderen Rechtsgrundlage, wie z. B. Regel 164 (2) a), Regel 53 (3) oder Art. 124, erlassen werden, auf den Zeitraum aus, in dem eine Zurücknahme zu einer Rückerstattung von 50 % der Gebühr berechtigt (siehe Mitteilung des EPA vom 30. Juni 2016, ABl. EPA 2016, A49).
Sofern der Anmelder darüber im Unklaren ist, ob die Sachprüfung bereits begonnen hat, die Anmeldung aber nur dann zurücknehmen will, wenn ihm 100 % der Prüfungsgebühr erstattet werden, kann er die Zurücknahme von der Gebührenrückerstattung abhängig machen ("bedingte" Zurücknahme). Das Datum des Prüfungsbeginns (C‑IV, 7.1) wird anhand von Form 2095 im öffentlichen Teil der Akte gespeichert und ist daher nach der Veröffentlichung der Patentanmeldung im Wege der Akteneinsicht im Europäischen Patentregister zugänglich. Befindet sich Form 2095 nicht in der Akte, gilt die Sachprüfung als an dem Tag begonnen, an dem die erste "von der Prüfungsabteilung selbst erlassene" Mitteilung ergangen ist (also z. B. eine Mitteilung nach Art. 94 (3), nach Regel 71 (3) oder nach irgendeiner anderen der oben genannten Rechtsgrundlagen). Vor der Veröffentlichung kann der Anmelder diese Information beim EPA beantragen, sie ist aber auch elektronisch über MyEPO Portfolio und My Files abrufbar. Näheres siehe ABl. EPA 2013, 153 und ABl. EPA 2023, A89.