Kapitel XIV – Eintragung von Namensänderungen, Rechtsübergängen, Lizenzen und anderen Rechten
Eine europäische Patentanmeldung kann für einen oder mehrere der benannten Vertragsstaaten übertragen werden.
Art. 72 ist eine eigenständige Vorschrift, die ausschließlich die formalen Erfordernisse von Rechtsübergängen abschließend regelt. Das EPA trägt einen Rechtsübergang in Bezug auf eine anhängige europäische Patentanmeldung (siehe A‑IV, 1.1.1 und J 10/93) auf Antrag in das Europäische Patentregister ein, wenn die Voraussetzungen nach Regel 22 erfüllt sind. Der Antrag gilt erst als gestellt, wenn eine Verwaltungsgebühr entrichtet wurde. Die Höhe der Verwaltungsgebühr richtet sich nach dem aktuellen Verzeichnis der Gebühren und Auslagen des EPA (siehe epo.org).
Bezieht sich der Antrag auf mehrere Anmeldungen, ist für jede Anmeldung eine gesonderte Gebühr zu entrichten.
Ab dem Inkrafttreten der geänderten Regel 22 (1) am 1.4.2024 werden die Bedingungen, unter denen eine Verwaltungsgebühr entrichtet werden muss, vom Präsidenten des EPA festgelegt.
Gemäß Regel 22 muss der Rechtsübergang durch die Vorlage von Dokumenten nachgewiesen werden. Zum Nachweis des Rechtsübergangs sind geeignete schriftliche Beweismittel jeder Art zulässig. Darunter fallen förmliche Urkundenbeweise wie der Übertragungsvertrag (im Original oder in Kopie) oder andere amtliche Urkunden oder Auszüge hieraus, sofern sich der Rechtsübergang daraus direkt ergibt (J 12/00). Nach Art. 72 müssen die als Nachweis für die rechtsgeschäftliche Übertragung vorgelegten Dokumente von den Vertragsparteien unterzeichnet sein. Übertragungsurkunden, die elektronisch eingereicht werden (siehe A‑II, 1.1.1 A‑II, 1.2.2), können anstelle von handschriftlichen Signaturen auch mit qualifizierten elektronischen Signaturen versehen werden (siehe Mitteilung des EPA vom 22. Oktober 2021, ABl. EPA 2021, A86).
Ab dem Inkrafttreten der geänderten Regel 22 (1) am 1.4.2024 können Übertragungsurkunden mit vom Präsidenten des EPA zugelassenen elektronischen Signaturen unterzeichnet werden.
Wird ein Dokument im Namen einer juristischen Person unterzeichnet, so dürfen nur solche Personen unterzeichnen, die nach Gesetz und/oder Satzung der juristischen Person oder einer besonderen Vollmacht dazu berechtigt sind. In dieser Hinsicht gelten die nationalen Rechtsvorschriften. In allen Fällen ist die Unterschriftsbefugnis des Unterzeichnenden anzugeben, z. B. seine Stellung bei der juristischen Person, wenn sich die Unterschriftsbefugnis direkt daraus ergibt. Die Vertragsparteien müssen sicherstellen, dass die Unterzeichnenden nach dem anwendbaren nationalen Recht ordnungsgemäß befugt waren, das betreffende Dokument zu unterzeichnen. Das EPA behält sich jedoch das Recht vor, Beweismittel für die Unterschriftsbefugnis des Unterzeichnenden anzufordern, wenn die besonderen Umstände des Einzelfalls dies erfordern. Wird in einem solchen Fall festgestellt, dass die vorgelegten Beweismittel unzureichend sind, unterrichtet das EPA den Beteiligten, der die Übertragung beantragt, entsprechend und fordert dazu auf, den angegebenen Mangel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen. Wenn die Befugnis auf einer Sondervollmacht beruht, ist diese in jedem Fall (als Kopie, die nicht beglaubigt werden muss) einzureichen. Das EPA wird insbesondere prüfen, ob der Unterzeichnende befugt ist, für die juristische Person rechtsverbindliche Verträge abzuschließen.
Generell bevollmächtigt die Vertretungsbefugnis in Verfahren vor dem EPA im Sinne der Regel 152 – sei es durch Einzelvollmacht oder allgemeine Vollmacht – den Vertreter nicht, einen solchen Vertrag abzuschließen.
Wird festgestellt, dass die vorgelegten Beweismittel nicht ausreichen, so unterrichtet das EPA den Beteiligten, der die Übertragung beantragt, entsprechend und fordert ihn auf, die angegebenen Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen.
Entspricht der Antrag Regel 22 (1), so wird der Übergang unter dem Eingangstag des Antrags, der erforderlichen Beweismittel oder der Gebühr beim EPA eingetragen, je nachdem, welcher Tag der letzte ist. Weist der Antrag einen geringfügigen Mangel auf, d. h. wurden zwar alle Erfordernisse berücksichtigt, waren aber nicht vollständig erfüllt (z. B. weil der Antrag zwar unterzeichnet, aber der Name oder die Stellung des Unterzeichnenden nicht angegeben ist), so wird der Übergang nach Beseitigung der Mängel unter dem Eingangstag des ursprünglichen Antrags erfasst.
An dem vorstehend genannten Tag wird der Rechtsübergang dem EPA gegenüber wirksam, d. h., ab diesem Tag ist der neu eingetragene Anmelder berechtigt, im Verfahren vor dem EPA das Recht auf die europäische Patentanmeldung geltend zu machen (Art. 60 (3)). Hat der Rechtsübergang nur für bestimmte benannte Staaten stattgefunden, so ist Art. 118 anzuwenden.
Ist ein Rechtsübergang ordnungsgemäß in das Europäische Patentregister eingetragen worden, kann die Eintragung nicht mehr rückgängig gemacht werden, und zwar auch dann nicht, wenn sich später herausstellt, dass aus Gründen, die am Tag der Eintragung des Rechtsübergangs durch das EPA nicht ersichtlich waren, ein oder mehrere Erfordernisse nicht erfüllt waren. So könnten z. B. im Nachhinein Zweifel aufkommen, ob die im Namen eines der Beteiligten unterzeichnende Person tatsächlich befugt war, eine solche rechtsgeschäftliche Übertragung vorzunehmen (siehe J 16/14 bis J 22/14). Der ursprüngliche Status quo wird nicht mehr wiederhergestellt, bis die entsprechende Rechtslage festgestellt wurde. Unter Umständen muss das Verfahren dann gemäß Regel 14 oder 78 ausgesetzt werden, bis geklärt ist, wer der rechtmäßige Anmelder/Patentinhaber ist.