6. Prioritätsanspruch (siehe auch F‑VI)
Einen Prioritätsanspruch nach A‑III, 6.1 i) begründen Anmeldungen, die eingereicht werden
c)bei Ämtern für den gewerblichen Rechtsschutz, die nicht der Pariser Verbandsübereinkunft oder dem Übereinkommen zur Errichtung der WTO unterliegen, die aber
i)anerkennen, dass eine erste Anmeldung beim EPA ein Prioritätsrecht unter Voraussetzungen und mit Wirkungen begründet, die denen der Pariser Verbandsübereinkunft vergleichbar sind, und
ii)für die der Präsident des EPA eine entsprechende Bekanntmachung erlässt.
Bisher wurde noch keine Bekanntmachung gemäß c) ii) erlassen, sodass dies noch nicht anwendbar ist. Des Weiteren muss es sich bei Mitgliedern der WTO nicht unbedingt um Staaten als solche handeln; es können auch zwischenstaatliche Organisationen Mitglied sein oder Regionen mit besonderem Status wie das separate Zollgebiet Taiwan, Penghu, Kinmen und Matsu.
In Anbetracht des Wortlauts des Art. 87 (1), der auf Anmeldungen Bezug nimmt, die "in einem oder mit Wirkung für einen Vertragsstaat der Pariser Verbandsübereinkunft" oder ein Mitglied der Welthandelsorganisation eingereicht worden sind, kann die Priorität einer früheren, zuerst eingereichten nationalen Anmeldung, einer früheren europäischen Patentanmeldung, einer nach einem anderen regionalen Patentvertrag eingereichten früheren Anmeldung oder einer nach dem PCT eingereichten internationalen Anmeldung in Anspruch genommen werden. Auch vorläufige US-Patentanmeldungen ("provisional application for patent") können prioritätsbegründend sein (Mitteilung des Präsidenten des EPA vom 26. Januar 1996, ABl. EPA 1996, 81). Der jeweilige Stand der Vertragsstaaten der PVÜ ist der Website der WIPO zu entnehmen und wird regelmäßig im Amtsblatt des EPA veröffentlicht. Ebenso wird auf der Website der WTO eine Liste ihrer Mitglieder veröffentlicht, die regelmäßig aktualisiert wird.
Aufgrund der Entscheidungen G 2/02 und G 3/02 war es bisher nicht möglich, die Priorität einer Anmeldung zu beanspruchen, die beim Amt für gewerblichen Rechtsschutz eines WTO-Mitglieds eingereicht wurde, das nicht Unterzeichnerstaat der Pariser Verbandsübereinkunft war (Art. 87 (1) EPÜ 1973). Dieser Ausschluss gilt nach dem neuen Art. 87 (1) nicht mehr.