9.1 Bezeichnung der Dokumente im Recherchenbericht
Die Recherchenabteilung wird oft mit "entsprechenden Dokumenten" (siehe B‑VI, 6.2) zu tun haben, d. h. mit Dokumenten, die denselben oder im Wesentlichen denselben technischen Inhalt haben. Diese sind in der Regel Patentdokumente aus derselben Patentfamilie oder Zusammenfassungen.
i)Patentdokumente in derselben Patentfamilie
Hierbei handelt es sich um Patentdokumente aus ein und demselben oder aus verschiedenen Ländern, die zumindest eine beanspruchte Priorität teilen.
Wenn ein angeführtes Patentdokument zu einer Patentfamilie gehört, braucht die Recherchenabteilung nicht alle anderen Familienmitglieder zu nennen, die ihr bekannt sind oder zu denen sie Zugang hat, da diese ohnehin in der Anlage zum Recherchenbericht erwähnt werden. Sie kann jedoch zusätzlich zu dem angegebenen Mitglied ein oder mehrere weitere Mitglieder erwähnen (siehe B‑IV, 3.1). Die Bezeichnung dieser Dokumente erfolgt durch die Angabe des Ausgabeamts, der Art des Dokuments und der Veröffentlichungsnummer und unter Voranstellung des ET-Zeichens (&). Es gibt verschiedene Gründe, warum die Recherchenabteilung die Aufmerksamkeit im Recherchenbericht vielleicht auf mehr als ein Dokument in derselben Patentfamilie lenken möchte:
a)Ein Dokument der Patentfamilie wurde vor dem frühesten Prioritätstag der Anmeldung veröffentlicht, allerdings in einer Nichtamtssprache des EPA, während ein anderes Mitglied derselben Patentfamilie in einer Amtssprache des EPA (siehe Art. 14 (1)) veröffentlicht worden ist, aber erst nach dem frühesten Prioritätstag der Anmeldung.
Beispiel
In einer europäischen Anmeldung wird die Priorität vom 3. September 1999 beansprucht. Bei der Recherche zu dieser Anmeldung wird ein sachdienliches Dokument – WO 99 12395 A – ermittelt, das am 11. März 1999 in japanischer Sprache veröffentlicht wurde – also rechtzeitig, um zum Stand der Technik nach Art. 54 (2) zu gehören. Es gibt auch das europäische Familienmitglied, das als englische Übersetzung nach Art. 153 (4) am 1. März 2000 veröffentlicht wurde – zu spät, um nach Art. 54 (2) zum Stand der Technik zu gehören; im Recherchenbericht kann es aber als ein &-Dokument der WO-Veröffentlichung in japanischer Sprache angeführt und dem Anmelder zur Verfügung gestellt werden (siehe B‑X, 11.3). Es wird dann bei der Prüfung der Anmeldung zur Auslegung der WO-Veröffentlichung in japanischer Sprache herangezogen (siehe G‑IV, 4). Im Recherchenbericht würden diese Dokumente wie folgt angeführt (zur Verknüpfung der angeführten Dokumente zu den zugehörigen Patentansprüchen, im vorliegenden Fall den Ansprüchen 1 - 10, siehe B‑X, 9.3):
X |
WO 99 12395 A (SEKI SHUNICHI; |
1-10 |
b)Es gibt verschiedene Dokumente in derselben Patentfamilie, die jeweils einen einschlägigen technischen Gegenstand enthalten, der in den anderen Familienmitgliedern nicht gefunden wurde.
c)In der Anmeldung wird ein in einer Nichtamtssprache des EPA verfasstes Familienmitglied angeführt, aber es gibt ein anderes Familienmitglied in einer Amtssprache des EPA, und beide wurden vor dem frühesten Prioritätstag der Anmeldung veröffentlicht.
Beispiel
Y |
WO9001867 A (WIDEGREN LARS (SE) |
1-10 |
D, Y |
& SE461824 B (WIDEGREN LARS (SE)) |
1-10 |
Indem der Anmelder das einschlägige SE-Dokument, ein Familienmitglied des maßgeblichen WO-Dokuments, bereits in der Anmeldung genannt hat, hat er das Erfordernis, in der Beschreibung den Stand der Technik anzugeben (Regel 42 (1) b)), bereits erfüllt. Für die Prüfungsabteilung ist es wichtig, dass dies im Recherchenbericht bekannt gemacht wird (siehe F‑II, 4.3).
ii)Zusammenfassungen (siehe B‑VI, 6.2)
Zusammenfassungen werden von einer Reihe von Datenbankanbietern bereitgestellt (z. B. Chemical Abstracts oder Derwent) und beziehen sich auf viele verschiedene Offenbarungsarten (z. B. Patentdokumente, Zeitschriftenartikel, Dissertationen oder Bücher). Sie fassen die wichtigsten Aspekte des technischen Inhalts des Originaldokuments zusammen. Meistens werden englische Zusammenfassungen angeführt. Jedes Mal, wenn eine Zusammenfassung im Recherchenbericht angeführt wird, muss die Recherchenabteilung nach dem &-Zeichen das Originaldokument angeben, auf das sich die Zusammenfassung bezieht.
Beispiel
X |
DATABASE WPI |
1-5 |
Die Recherchenabteilung kann sich aus verschiedenen Gründen dafür entscheiden, statt des Originaldokuments die Zusammenfassung anzuführen (in diesem Fall ist das Originaldokument als &-Dokument anzugeben): etwa weil das Originaldokument für die Recherchenabteilung nicht leicht zugänglich ist (z. B. eine Dissertation) oder weil das Originaldokument in einer Nichtamtssprache des EPA abgefasst ist (z. B. ein Zeitschriftenartikel in russischer Sprache) und es keine entsprechenden Dokumente gibt. Das Originaldokument wird dem Anmelder nur dann zur Verfügung gestellt, wenn es von der Recherchenabteilung entsprechend gekennzeichnet wurde (siehe B‑X, 12).
Wenn sich die Recherchenabteilung auf eine veröffentlichte japanische oder koreanische Patentanmeldung (mit Dokumentenartencode A) beziehen will, führt sie im Recherchenbericht die japanische bzw. koreanische Veröffentlichung an. Ist in den EPA-Datenbanken eine englische Zusammenfassung vorhanden (Patent Abstracts of Japan bzw. Patent Abstracts of Korea), werden dem Anmelder sowohl die japanische bzw. koreanische Veröffentlichung als auch die englische Zusammenfassung zur Verfügung gestellt. Eine maschinelle Übersetzung wird ebenfalls zur Verfügung gestellt (siehe B‑X, 9.1.3 und 12 sowie G‑IV, 4.1).