Kapitel V – Einheitlichkeit der Erfindung
Dem Erfordernis der Einheitlichkeit liegt das Prinzip zugrunde, dass für jede Erfindung gesondert ein Patent erteilt wird, d. h. dass eine europäische Patentanmeldung als Voraussetzung einer Erteilung Patentansprüche enthalten muss, die sich nur auf eine einzige Erfindung beziehen (G 2/92, Nr. 2 der Entscheidungsgründe).
Das Erfordernis der Einheitlichkeit ist ferner durch den Grundsatz der Gleichbehandlung der Anmelder gerechtfertigt: jeder Anmelder hat Anspruch auf die gleiche Dienstleistung für die entrichteten Gebühren, also eine Recherche/Prüfung für eine Recherchen-/Prüfungsgebühr.
Bezieht sich also eine Anmeldung in der eingereichten Fassung nach Auffassung der Recherchenabteilung auf mehr als eine Erfindung, so kann eine Recherchengebühr für jede dieser Erfindungen entrichtet werden; der Recherchenbericht wird nur für die Erfindungen erstellt, für die Recherchengebühren entrichtet wurden. Im Prüfungsstadium kann der Anmelder nur jeweils eine recherchierte Erfindung in jeder Anmeldung auswählen, die dann auf Erfüllung des Erfordernisses der Patentierbarkeit und sonstiger Erfordernisse des EPÜ geprüft wird (siehe G 2/92, Nr. 2 der Entscheidungsgründe).
In Art. 82 und Regel 44 ist geregelt, wie das Erfordernis der Einheitlichkeit auf europäische Patentanmeldungen angewendet wird. Dieses Erfordernis ist im Einspruchsverfahren nicht anwendbar (G 1/91).
In diesem Kapitel geht es um materiellrechtliche Aspekte der Einheitlichkeitsprüfung (F‑V, 2 und F-V, 3) sowie einige verfahrensrechtliche Aspekte im Zusammenhang mit der Beurteilung der Nichteinheitlichkeit während der Recherche (F‑V, 4) und der Nichteinheitlichkeit während der Sachprüfung (F‑V, 5). Aspekte der Einheitlichkeit der Erfindung bei geänderten Ansprüchen und bei Euro-PCT-Anmeldungen werden in F‑V, 6 bzw. F-V, 7 behandelt. Weitere Aspekte der verfahrenstechnischen Behandlung der Einheitlichkeit bei Recherche und Prüfung finden sich in den Kapiteln B‑VII bzw. C‑III.
Aufgrund der Harmonisierung der Definitionen der Einheitlichkeit der Erfindung in Regel 13 (1) PCT und Regel 13 (2) PCT und in Art. 82 und Regel 44(1) EPÜ sind die für die Einheitlichkeit geltenden Kriterien in beiden Systemen identisch. Somit wird die Einheitlichkeit der Erfindung in der Recherchen- und in der Sachprüfung sowohl im PCT- als auch im europäischen Verfahren nach denselben Grundsätzen geprüft. Das gilt nicht für die jeweiligen Verfahren an sich, die erhebliche Unterschiede aufweisen.
Daher sind die Entscheidungen der Beschwerdekammern, die im Hinblick auf die früheren PCT-Widerspruchsverfahren erlassen wurden, für die Prüfung der Einheitlichkeit von europäischen Anmeldungen nach wie vor relevant.