3.2 Gruppierung von Erfindungen
Während ein unabhängiger Anspruch immer zum gemeinsamen Gegenstand der von ihm abhängigen Ansprüche zählt, verhält es sich umgekehrt nicht so: ein von mehreren unabhängigen Ansprüchen abhängiger Anspruch zählt nie zum gemeinsamen Gegenstand dieser unabhängigen Ansprüche.
Zuerst wird geprüft, ob zwischen den unabhängigen Ansprüchen Einheitlichkeit besteht. Umfasst ein abhängiger Anspruch technische Merkmale, die mehreren Erfindungen gemeinsam sind, dann ist er gleichzeitig Teil all dieser Erfindungen.
Beispiel 1
Eine Anmeldung enthält zwei unabhängige Ansprüche und einen abhängigen Anspruch:
1. Eine Vorrichtung umfassend das Merkmal A.
2. Eine Vorrichtung umfassend das Merkmal B.
3. Eine Vorrichtung umfassend die Merkmale A und B.
In diesem Beispiel sind die unabhängigen Ansprüche 1 und 2 nicht durch eine einzige allgemeine erfinderische Idee miteinander verbunden; die Merkmale A und B haben weder gleiche noch entsprechende besondere technische Merkmale. Es besteht Uneinheitlichkeit zwischen den Ansprüchen 1 und 2, die jeweils auf eine andere Erfindung gerichtet sind. Der Inhalt des abhängigen Anspruchs 3 hat keine Auswirkung auf diese Analyse.
Wenn abhängige Ansprüche Merkmale von zwei oder mehr Gruppen von Erfindungen umfassen, gehören sie zu jeder dieser Gruppen von Erfindungen. In Beispiel 1 enthält der Gegenstand von Anspruch 3 Merkmale von jeder der zwei Erfindungen (Anspruch 1, Anspruch 2) und gehört somit zu beiden Erfindungen zugleich. Deshalb sollte sich die Recherche für die in den Ansprüchen zuerst erwähnte Erfindung auf den Gegenstand von Anspruch 1 und Anspruch 3 erstrecken.
Der Prüfer beurteilt auch, ob für die zweite Erfindung eine weitere Recherchengebühr gezahlt werden sollte (siehe F‑V, 2.2 und F-V, 3.4, B‑VII, B‑III, 3.8).
Beispiel 2
Eine Anmeldung enthält die folgenden Ansprüche:
1. Eine Vorrichtung umfassend Merkmal A.
2. Eine Vorrichtung nach Anspruch 1, ferner umfassend Merkmal B.
3. Eine Vorrichtung nach einem der vorhergehenden Ansprüche, ferner umfassend Merkmal C.
Anspruch 3 ist somit auf den folgenden Gegenstand gerichtet:
3. Eine Vorrichtung, die entweder:
a)eine Vorrichtung umfassend die Merkmale A und C oder
b)eine Vorrichtung umfassend die Merkmale A, B und C ist.
In diesem Beispiel ist Merkmal A kein besonderes technisches Merkmal (d. h. der Gegenstand von Anspruch 1 ist entweder nicht neu oder nicht erfinderisch).
– Wenn beide Merkmale B und C besondere technische Merkmale (d. h. neu und erfinderisch) und miteinander verbunden sind (wenn sie also eine technische Beziehung zueinander haben), dann sind die beanspruchten Vorrichtungen A+B sowie A+C dieselbe Erfindung. Infolgedessen ist die Vorrichtung A+B+C ebenfalls Teil derselben Erfindung. Die Erfindung ist einheitlich.
– Wenn die Merkmale B und C unterschiedlich und nicht miteinander verbunden sind (wenn sie also keine technische Beziehung zueinander haben), besteht mangelnde Einheitlichkeit. Es gibt dann zwei Erfindungen: die Vorrichtung mit den Merkmalen A+B (Anspruch 1 teilweise und Anspruch 2 vollständig) und die Vorrichtung mit den Merkmalen A+C (Anspruch 1 teilweise und Anspruch 3 a) vollständig). Der Gegenstand von Anspruch 3 b) hat alle Merkmale der ersten Erfindung (A+B) und alle Merkmale der zweiten Erfindung (A+C). Er gehört somit vollständig zu beiden Erfindungen zugleich. Deshalb sollte sich die Recherche für die in den Ansprüchen zuerst erwähnte Erfindung in diesem Beispiel nicht nur auf Anspruch 2 (A+B), sondern auch auf den Gegenstand von Anspruch 3 b) (A+B+C) erstrecken.
Der Prüfer beurteilt auch, ob für die zweite Erfindung eine weitere Recherchengebühr gezahlt werden sollte (siehe F‑V, 2.2 und F-V, 3.4, B‑VII sowie B‑III, 3.8).