5.4.2 Beispiele zur Anwendung des COMVIK-Ansatzes
Anspruch 1:
Computergestütztes Verfahren für die Vermittlung von Angeboten und Aufträgen im Bereich Frachttransport, das folgende Schritte umfasst:
a)Empfang von Transportangeboten und -aufträgen von Nutzern einschließlich Orts- und Zeitangaben,
b)Empfang von Angaben zum derzeitigen Standort der Nutzer über GPS-Endgeräte, mit denen die Nutzer ausgestattet sind,
c)nach dem Empfang einer neuen Anfrage mit einem Angebot/Auftrag: Überprüfung, ob frühere Angebote/Aufträge vorliegen, denen noch nicht entsprochen wurde und die die neue Anfrage erfüllen können,
d)wenn ja, Auswahl der Anfrage, bei der die derzeitigen Standorte der zwei betreffenden Nutzer am nächsten beieinander liegen,
e)andernfalls Speicherung der neuen Anfrage.
Anwendung der Schritte des Aufgabe-Lösungs-Ansatzes gemäß G‑VII, 5.4:
Schritt i): Dem beanspruchten Verfahren liegt die folgende Geschäftsmethode zugrunde:
Verfahren für die Vermittlung von Angeboten und Aufträgen im Bereich Frachttransport, das Folgendes umfasst:
– Empfang von Transportangeboten und -aufträgen von Nutzern einschließlich Orts- und Zeitangaben,
– Empfang von Angaben zum derzeitigen Standort der Nutzer,
– nach dem Empfang einer neuen Anfrage mit einem Angebot/Auftrag: Überprüfung, ob frühere Angebote/Aufträge vorliegen, denen noch nicht entsprochen wurde und die die neue Anfrage erfüllen können,
– wenn ja, Auswahl der Anfrage, bei der die derzeitigen Standorte der zwei betreffenden Nutzer am nächsten beieinander liegen,
– andernfalls Speicherung der neuen Anfrage.
Eine solche Geschäftsmethode ist an sich nichttechnisch und nach Art. 52 (2) c) und Art. 52 (3) von der Patentierbarkeit ausgeschlossen. Die Vermittlung von Angeboten und Aufträgen ist eine typische Geschäftstätigkeit. Die Verwendung des geografischen Standorts der Nutzer ist die Art von Kriterium, die ein Transportvermittler als Teil einer Geschäftsmethode spezifizieren könnte, die ausschließlich auf nichttechnischen, geschäftlichen Überlegungen beruht. Diese Geschäftsmethode dient keinem technischen Zweck im Kontext der Erfindung und trägt somit nicht zu ihrem technischen Charakter bei.
Zum technischen Charakter der Erfindung tragen also nur die Merkmale bei, die die technische Umsetzung der Geschäftsmethode betreffen:
– Die Schritte der Geschäftsmethode werden von einem Computer ausgeführt.
– Die Standortinformationen werden von GPS-Endgeräten empfangen.
Schritt ii): Als geeigneter Ausgangspunkt und nächstliegender Stand der Technik wird D1 herangezogen, worin ein Verfahren für die Auftragsverwaltung offenbart ist, bei dem ein Servercomputer Standortinformationen von GPS-Endgeräten empfängt.
Schritt iii): Der Unterschied zwischen dem Gegenstand von Anspruch 1 und D1 liegt somit in der computergestützten Umsetzung der Schritte der vorstehend definierten Geschäftsmethode.
Als technische Wirkung dieses Unterschieds ergibt sich lediglich die Automatisierung der Anspruch 1 zugrunde liegenden Geschäftsmethode. Die Schlussfolgerung aus Schritt i) bleibt bestehen, weil das einzige unterscheidende Merkmal, das einen technischen Beitrag leistet, die technische Umsetzung dieser Geschäftsmethode ist.
Schritt iii) c): Die objektive technische Aufgabe besteht darin, das Verfahren in D1 so zu verändern, dass die Geschäftsmethode für die Vermittlung von Angeboten und Aufträgen entsprechend dem derzeitigen Standort des Nutzers umgesetzt wird. Als Fachmann gilt ein Software-Projektteam, das die Kenntnisse über die Geschäftsmethode in Form einer Anforderungsspezifikation erhält.
Naheliegen: Die Anpassung des Verfahrens aus D1 dahin gehend, dass die Schritte der Geschäftsmethode ausgeführt werden, ist einfach gelagert und erfordert lediglich eine Routine-Programmierung. Damit liegt keine erfinderische Tätigkeit im Sinne der Art. 52 (1) und Art. 56 vor.
Anmerkungen: In diesem Beispiel ist bereits nach der ersten Analyse in Schritt i) klar, dass dem beanspruchten Verfahren eine Methode für die Vermittlung von Angeboten und Aufträgen zugrunde liegt, die an sich eine Geschäftsmethode ist. Die die Geschäftsmethode definierenden Merkmale sind leicht von den technischen Merkmalen ihrer computergestützten Umsetzung zu unterscheiden. Das Beispiel veranschaulicht also eine Argumentation, wonach bereits in Schritt i) ermittelt werden kann, welche Merkmale zum technischen Charakter der Erfindung beitragen und welche nicht. Diese Argumentationslinie ist vorwiegend für das Gebiet der computerimplementierten Geschäftsmethoden relevant und für andere Bereiche möglicherweise weniger geeignet.