2.2 Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung – Allgemeines
Overview
Nach Art. 123 (2) ist es nicht zulässig, in eine europäische Patentanmeldung Gegenstände aufzunehmen, die der Fachmann nicht unter Heranziehung des allgemeinen Fachwissens unmittelbar und eindeutig aus der Offenbarung der Erfindung in der eingereichten Fassung herleiten kann, wobei auch Merkmale in Betracht zu ziehen sind, die in der Unterlage zwar nicht ausdrücklich genannt, aber für den Fachmann vom Inhalt mit erfasst sind. Eine wörtliche Stützung ist jedoch nach Art. 123 (2) nicht erforderlich (siehe T 667/08).
Als implizite Offenbarung ist dabei lediglich das anzusehen, was sich klar und eindeutig aus den ausdrücklichen Aussagen in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung ergibt. Demnach muss das allgemeine Fachwissen bei der Klärung der Frage berücksichtigt werden, was in der ausdrücklichen Offenbarung eines Dokuments klar und eindeutig mit enthalten ist. Ohne Belang ist aber, was diese Offenbarung im Lichte des allgemeinen Fachwissens implizit nahelegt (T 823/96, T 1125/07).
Bei der Beurteilung der geänderten Ansprüche im Hinblick auf Art. 123 (2) wird der Schwerpunkt darauf gelegt, was die an ein Fachpublikum gerichteten ursprünglich eingereichten Unterlagen dem Fachmann tatsächlich offenbarten. Insbesondere muss es die Prüfungsabteilung vermeiden, das Augenmerk zu stark auf die Struktur der ursprünglich eingereichten Ansprüche zu richten statt auf das, was der Fachmann unmittelbar und eindeutig aus dem Gesamtinhalt der Anmeldung ableiten würde.
Außerdem werden die Erfordernisse des Art. 123 (2) aus der Sicht des Fachmanns auf einer technischen und sachgemäßen Basis ohne konstruierte oder semantische Auslegung beurteilt (T 99/13).