7. Recherchenbezogene Aspekte der Prüfung
Der Prüfer sollte eine Recherche nach weiteren kollidierenden europäischen Patentanmeldungen vornehmen, die unter Art. 54 (3) fallen, sofern dies noch nicht im Rahmen des Recherchenberichts geschehen ist.
Im Allgemeinen ist nämlich die Recherchendokumentation zum Zeitpunkt der Hauptrecherche in Bezug auf solches Material unvollständig. Ein beanspruchter Prioritätstag kann möglicherweise nicht der gesamten Anmeldung oder einem Teil davon, wohl aber dem entsprechenden Teil einer kollidierenden Anmeldung zuerkannt werden (siehe F‑VI, 2.1), deshalb ist diese Recherche auf alle europäischen Anmeldungen auszudehnen, die bis zu 18 Monate nach Einreichung der betreffenden Anmeldung veröffentlicht worden sind.
Kann der Prüfer die abschließende Recherche bis zur Abfassung der Stellungnahme zur Recherche oder des ersten Bescheids nach Art. 94 (3) nicht zu Ende führen, hat er sicherzustellen, dass sie abgeschlossen wird, ehe sein Votum ergeht, dass die Anmeldung die Voraussetzungen für die Erteilung eines Patents erfüllt. In den seltenen Fällen, in denen die Ordnungsmäßigkeit der Anmeldung festgestellt wird, ehe diese Recherche abgeschlossen werden kann (z. B. aufgrund eines Antrags auf beschleunigte Bearbeitung einer Anmeldung ohne Prioritätsanspruch ("PACE"), siehe Mitteilung des EPA vom 30. November 2015, ABl. EPA 2015, A93), sollte die Erteilung eines Patents so lange aufgeschoben werden, bis die abschließende Recherche durchgeführt werden kann.
Wird die abschließende Recherche frühestens 18 Monate nach dem Anmeldetag der zu prüfenden Anmeldung durchgeführt, muss die Priorität nur überprüft werden, wenn Zwischenliteratur und/oder kollidierende Anmeldungen gefunden werden.
Die abschließende Recherche kann ausnahmsweise frühestens 18 Monate nach dem Prioritätstag durchgeführt werden, wenn Wird die abschließende Recherche frühestens 18 Monate nach dem Anmeldetag der zu prüfenden Anmeldung durchgeführt, muss die Priorität nur überprüft werden, wenn Zwischenliteratur und/oder kollidierende Anmeldungen gefunden werden. Unter der Bedingung, dass der Prioritätsanspruch für den gesamten Inhalt der zu prüfenden Patentanmeldung gültig ist, kann diese abschließende Recherche ausnahmsweise frühestens 18 Monate nach dem Prioritätstag durchgeführt werden.
Bei der abschließenden Recherche werden neben Dokumenten nach Art. 54 (3), die zum Zeitpunkt der ursprünglichen Recherche noch nicht verfügbar waren, potenziell relevante Dokumente zum Stand der Technik berücksichtigt, die andere Patentämter Anmeldungen entgegengehalten haben, die derselben Patentfamilie wie die vom EPA zu prüfende Anmeldung angehören. Eine solche Recherche muss daher für jede Akte zu Beginn und am Ende der Prüfung durchgeführt werden.
Es kann vorkommen, dass der Prüfer relevante Zwischenliteratur und/oder kollidierende Euro-PCT-Anmeldungen findet, für die nicht absehbar ist, ob sie zu einem Stand der Technik nach Art. 54 (3) allein oder in Verbindung mit Regel 165 werden (siehe G‑IV, 5.2). In diesen Fällen kann die Prüfungsabteilung keine Mitteilung der Erteilungsabsicht erlassen, bevor festgestellt werden kann, ob diese Dokumente Stand der Technik nach Art. 54 (3) sind. Der Prüfer stellt zunächst fest, ob die Euro-PCT-Anmeldung 31 Monate nach dem frühesten Prioritätsdatum der Anmeldung in die europäische Phase eingetreten ist. Wenn nicht, kann sie immer noch kollidierenden Stand der Technik nach Art. 54 (3) darstellen, wenn der PCT-Anmelder die erforderliche Anmeldegebühr nach Regel 159 (1) c) entrichtet und die PCT-Anmeldung in einer Amtssprache des EPA eingereicht hat. Der Prüfer stellt dann fest, ob die Anmeldung Stand der Technik nach Art. 54 (3) in Verbindung mit Regel 165 geworden ist. Seit August 2021 veröffentlicht das EPA diese Fälle in Abschnitt I.2(2) des Europäischen Patentblatts unter der Rubrik "Internationale Anmeldungen, die als Stand der Technik nach Regel 165 EPÜ und Artikel 54 (3) EPÜ gelten".
Es kann vorkommen, dass bei der abschließenden Recherche relevante Zwischenliteratur und/oder kollidierende Euro-PCT-Anmeldungen gefunden werden, für die nicht absehbar ist, ob sie zu einem Stand der Technik nach Art. 54 (3) werden (siehe G‑IV, 5.2). In diesen Fällen kann die Prüfungsabteilung keine Mitteilung der Erteilungsabsicht erlassen, bevor festgestellt werden kann, ob diese Dokumente Stand der Technik nach Art. 54 (3) sind, d. h. spätestens 31 Monate nach dem frühesten Prioritätstag der Euro-PCT-Anmeldung.
Zur Rückerstattung der Prüfungsgebühr (siehe A‑VI, 2.5) wird die abschließende Recherche zu Beginn der Prüfung automatisch gestartet. Dadurch wird ein Marker generiert, der als Nachweis in der Akte dient, dass die Prüfungsabteilung mit der Sachprüfung begonnen hat.