2. Form und Inhalt der Patentansprüche
In Regel 43 (1) a) und Regel 43 (1) b) ist die zweiteilige Untergliederung festgelegt, die für einen Patentanspruch zu wählen ist, "wo es zweckdienlich ist".
Der erste Teil oder "Oberbegriff" muss "die Bezeichnung des Gegenstands der Erfindung" enthalten, d. h. die allgemeine technische Klasse der Vorrichtung, des Verfahrens usw., worauf sich die Erfindung bezieht, sowie die "technischen Merkmale, die zur Festlegung des beanspruchten Gegenstands der Erfindung notwendig sind, jedoch in Verbindung miteinander zum Stand der Technik gehören". Dieses Erfordernis, die Merkmale, die zum Stand der Technik gehören, im ersten Teil des Anspruchs anzugeben, gilt nur für unabhängige Patentansprüche, nicht jedoch für abhängige Patentansprüche (siehe F‑IV, 3.4). Aus dem Wortlaut der Regel 43 geht eindeutig hervor, dass nur auf die für die Erfindung erheblichen Merkmale des Stands der Technik Bezug genommen zu werden braucht. Bezieht sich die Erfindung beispielsweise auf einen Fotoapparat, die erfinderische Tätigkeit jedoch ausschließlich auf den Verschluss, so reicht es aus, wenn der erste Teil des Patentanspruchs wie folgt lautet: "Ein Fotoapparat mit einem Schlitzverschluss"; es ist nicht notwendig, auch auf andere bekannte Merkmale eines Fotoapparats, wie Linse oder Sucher, Bezug zu nehmen.
Der zweite oder "kennzeichnende Teil" gibt die Merkmale an, die dem Stand der Technik durch die Erfindung hinzugefügt werden, also die technischen Merkmale, für die in Verbindung mit den im ersten Teil angegebenen Merkmalen Schutz begehrt wird.
Geht aus einem zum Stand der Technik gemäß Art. 54 (2) gehörenden Dokument, z. B. aus einem im Recherchenbericht genannten Dokument, hervor, dass ein oder mehrere Merkmale im zweiten Teil des Patentanspruchs in Verbindung mit allen Merkmalen im ersten Teil des Patentanspruchs bereits bekannt waren und in dieser Verbindung die gleiche Wirkung haben, die sie gemäß der Erfindung auch in der Gesamtverbindung haben, so hat die Abteilung zu verlangen, dass dieses Merkmal oder diese Merkmale in den ersten Teil übertragen werden.
Wenn sich jedoch ein Patentanspruch auf eine neue Kombination von Merkmalen bezieht und es für die Aufteilung der Merkmale des Patentanspruchs auf den Oberbegriff und den kennzeichnenden Teil mehrere richtige Möglichkeiten gibt, so darf der Anmelder nicht ohne triftige Gründe gedrängt werden, eine andere als die von ihm gewählte Aufteilung der Merkmale vorzunehmen, wenn seine Fassung nicht fehlerhaft ist. Wenn der Anmelder darauf besteht, dass mehr Merkmale im Oberbegriff stehen, als dem nächstkommenden verfügbaren Stand der Technik zu entnehmen sind, ist dies zu akzeptieren.
Falls kein anderer Stand der Technik verfügbar ist, könnte dieser erste Teil des Patentanspruchs dazu verwendet werden, um einen Einwand wegen fehlender erfinderischer Tätigkeit zu erheben (siehe G‑VII, 5.1, letzter Absatz).