1. Teilanmeldungen (siehe auch A‑IV, 1)
Grundsätzlich ist eine Teilanmeldung sachlich in derselben Weise zu prüfen wie jede andere Anmeldung; es sind aber einige besondere Punkte zu beachten (siehe auch C‑III, 5). Die Ansprüche einer Teilanmeldung müssen nicht auf bereits in den Ansprüchen der Stammanmeldung beanspruchte Gegenstände beschränkt sein. Auch stellt die bloße Tatsache, dass der Schutzbereich der Ansprüche der Anmeldung, über die die Prüfungsabteilung zu entscheiden hat, über die in Zusammenhang mit der Stammanmeldung erteilten Ansprüche hinausgeht, keinen Missbrauch des Teilanmeldungsverfahrens dar (siehe T 422/07).
Nach Art. 76 (1) darf ihr Gegenstand jedoch nicht über den Inhalt der Stammanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgehen. Enthält eine Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung Sachverhalte, die über den Inhalt der Stammanmeldung in der eingereichten Fassung hinausgehen, kann sie später geändert werden, sodass der Gegenstand nicht mehr über den früheren Inhalt hinausgeht, und zwar auch dann noch, wenn die frühere Anmeldung nicht mehr anhängig ist (siehe G 1/05). Ist der Anmelder nicht bereit, den Mangel durch Streichung der zusätzlichen Sachverhalte zu beheben, muss die Teilanmeldung nach Art. 97 (2) wegen Verstoßes gegen Art. 76 (1) zurückgewiesen werden.
Die Teilanmeldung kann nicht in eine unabhängige Anmeldung mit eigenem Anmeldetag umgewandelt werden. Eine weitere Teilanmeldung für diese zusätzlichen Sachverhalte ist ebenfalls nach Art. 97 (2) wegen Verstoßes gegen Art. 76 (1) zurückzuweisen.
Änderungen, die in einer Teilanmeldung nach ihrer Einreichung vorgenommen werden, müssen die Erfordernisse des Art. 123 (2) erfüllen, d. h., sie dürfen den Gegenstand nicht über den Inhalt der Teilanmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinaus erweitern (siehe G 1/05 und T 873/94). Hat der Anmelder diese Änderungen nicht gekennzeichnet und/oder ihre Grundlage in der ursprünglich eingereichten Fassung der Anmeldung nicht angegeben (siehe H‑III, 2.1) und fällt die Anmeldung in eine der unter H‑III, 2.1.4 genannten Gruppen, kann die Prüfungsabteilung eine Mitteilung nach Regel 137 (4) erlassen und den Anmelder auffordern, diese Angaben nachzureichen (siehe H‑III, 2.1.1).
Beschränkt sich der Gegenstand einer Teilanmeldung nur auf einen Teil des in der Stammanmeldung beanspruchten Gegenstands, muss sich dieser Teil unmittelbar und eindeutig als eine separate Einheit aus der Stammanmeldung ableiten lassen, d. h. als Einheit, die selbst außerhalb des Gesamtzusammenhangs der in der Stammanmeldung offenbarten Erfindung verwendet werden könnte (siehe T 545/92).
Bei einer Kette von Anmeldungen bestehend aus einer (ursprünglichen) Stammanmeldung und darauf folgenden Teilanmeldungen, von denen jede einzelne aus der jeweiligen Vorgängerin ausgeschieden wurde (siehe A‑IV, 1.1.2), ist es eine notwendige und hinreichende Bedingung dafür, dass eine Teilanmeldung dieser Kette die Erfordernisse des Art. 76 (1) Satz 2 erfüllt, dass sich die gesamte Offenbarung dieser Teilanmeldung unmittelbar und eindeutig aus dem Offenbarungsgehalt jeder vorangehenden Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ableiten lässt (siehe G 1/06).