7.2 Vorbereitung der Entscheidung über die Aufrechterhaltung des europäischen Patents in geändertem Umfang
Die Entscheidung über die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang darf erst ergehen, wenn das Einverständnis des Patentinhabers zu der neuen Fassung vorliegt, auf deren Grundlage die Einspruchsabteilung das Patent aufrechtzuerhalten beabsichtigt, und der Einsprechende in angemessener Weise Gelegenheit gehabt hat, zu dieser Fassung Stellung zu nehmen.
Beide Erfordernisse können im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erfüllt werden, in der die Einspruchsabteilung die Fassung einschließlich der geänderten Beschreibung sowie gegebenenfalls der geänderten Zeichnungen erstellt. Im schriftlichen Verfahren wird dem Einsprechenden die notwendige Gelegenheit zur Stellungnahme zur Neufassung des Patents, auf deren Grundlage die Einspruchsabteilung das Patent aufrechtzuerhalten beabsichtigt, anlässlich eines Bescheids an die Beteiligten gegeben. Nach Vorliegen dieser Voraussetzungen ist eine gesonderte Mitteilung nach Regel 82 (1) weder erforderlich noch zweckmäßig (G 1/88).
Ist die Aufrechterhaltung des Patents in geändertem Umfang möglich, bemüht sich die Einspruchsabteilung, die Zustimmung des Patentinhabers zu der Fassung herbeizuführen, in der das Patent aufrechterhalten werden kann, und gibt dem Einsprechenden Gelegenheit zur Stellungnahme. Damit sind die Voraussetzungen für eine Zwischenentscheidung gegeben.
Sind diese Voraussetzungen noch nicht erfüllt, so hat, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, ein Bescheid nach Art. 101 (1) zu ergehen. Das gilt auch für den Fall, dass zwar grundsätzlich geklärt ist, in welchem Umfang das Patent aufrechterhalten werden kann, jedoch eine vollständige, vom Patentinhaber konkret gebilligte Fassung noch nicht vorliegt.
Das Einverständnis des Patentinhabers zu einer geänderten Fassung des Patents muss nicht in einer gesonderten, ausdrücklichen Erklärung abgegeben werden; es kann sich auch aus den Umständen ergeben, insbesondere daraus, dass er die geänderte Fassung eingereicht oder beantragt hat. Dies gilt auch für Fassungen, die zum Gegenstand eines Hilfsantrags gemacht wurden. (Zur Abfassung der Unterlagen in der mündlichen Verhandlung siehe E‑III, 8.11 und E-III, 8.11.1).
Das Einverständnis des Patentinhabers kann auch im Wege einer Mitteilung nach Regel 82 (1) eingeholt werden, in der die Einspruchsabteilung den Beteiligten mitteilt, "in welchem Umfang sie das Patent aufrechtzuerhalten beabsichtigt", und sie auffordert, "innerhalb von zwei Monaten Stellung zu nehmen, wenn sie mit der Fassung, in der das Patent aufrechterhalten werden soll, nicht einverstanden sind." Erhebt der Patentinhaber nicht fristgerecht Einwendungen gegen die so mitgeteilte Fassung, gilt sie als von ihm gebilligt.
Eine Mitteilung nach Regel 82 (1) kann auch gesendet werden, wenn die Einspruchsabteilung noch Änderungen in der vom Patentinhaber konkret gebilligten Fassung der vollständigen Unterlagen, zu der der Einsprechende Stellung nehmen konnte, für erforderlich hält. Solche Änderungen dürfen jedoch gegenüber der zuletzt vom Patentinhaber vorgelegten oder gebilligten Fassung nur unbedingt notwendig erscheinende redaktionelle Änderungen sein. Die Einspruchsabteilung weist gegebenenfalls auf solche Änderungen hin und begründet deren Notwendigkeit, falls sich die Änderungen nicht von selbst verstehen.
Erhebt der Patentinhaber innerhalb der mit Bescheid oder gegebenenfalls in einer Mitteilung nach Regel 82 (1) gesetzten Frist Einwendungen gegen die Fassung, in der das Patent aufrechterhalten werden soll, so wird das Verfahren fortgesetzt. Das europäische Patent kann im weiteren Verfahren widerrufen werden, wenn der Patentinhaber nicht mit der Fassung einverstanden ist und trotz Aufforderung keine neuen, sachgerecht geänderten Unterlagen einreicht.
Erhebt ein Einsprechender Einwendungen gegen die ihm mitgeteilte Fassung, in der das Patent aufrechterhalten werden soll, so setzt die Einspruchsabteilung die Prüfung fort, wenn sie der Auffassung ist, dass das EPÜ der Aufrechterhaltung des Patents in der zunächst vorgesehenen Fassung entgegensteht.