4. Unterschiedliche Fassungen für verschiedene Vertragsstaaten
Stellt das EPA fest, dass für einen Teil der benannten Vertragsstaaten der Inhalt einer früheren europäischen Patentanmeldung nach Art. 54 (3) zum Stand der Technik gehört, können zwei Sachverhalte vorliegen:
i)Am Tag des Inkrafttretens des EPÜ 2000 (13. Dezember 2007) war die zu prüfende Anmeldung anhängig oder das zu prüfende Patent bereits erteilt. Art. 54 (4) EPÜ 1973 findet übergangsweise noch Anwendung (siehe Art. 1 des Beschlusses des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001, ABl. EPA 2003, Sonderausgabe Nr. 1, 202) mit Regel 23a EPÜ 1973 und dem ersten Teil von Regel 87 EPÜ 1973 als Durchführungsvorschriften. Gibt in diesem Fall ein kollidierender Stand der Technik zu unterschiedlichen Anspruchsfassungen für unterschiedliche Vertragsstaaten Anlass und sind die jeweiligen Benennungsgebühren für die frühere europäische Patentanmeldung entrichtet worden, so können unterschiedliche Anspruchssätze für die betreffenden Staaten aufgestellt werden, falls Neuheit gegenüber diesem Stand der Technik hergestellt werden muss. Im Einspruchsverfahren gilt Regel 80 für Änderungen, die durch einen Stand der Technik nach Art. 54 (4) EPÜ 1973 bedingt sind.
ii)Die zu prüfende Anmeldung oder das zu prüfende Patent fallen nicht unter den vorstehend beschriebenen Sachverhalt i). Da Art. 54 (4) EPÜ 1973 gestrichen wurde, gilt der kollidierende Stand der Technik ungeachtet der Benennungen für alle Vertragsstaaten als Stand der Technik (siehe auch F‑II, 4.3). Außerdem spielt es keine Rolle, ob die Benennungsgebühr(en) für die frühere europäische Patentanmeldung entrichtet wurde(n), da das EPÜ 2000 keine Vorschrift enthält, die Regel 23a EPÜ 1973 entspricht. Unterschiedliche Fassungen für verschiedene Vertragsstaaten auf der Grundlage von Art. 54 (3) sind daher nicht mehr möglich.