Allgemeiner Teil
Diese Richtlinien enthalten Hinweise zur Praxis der Verfahren vor dem EPA nach dem Europäischen Patentübereinkommen und dessen Ausführungsordnung (siehe Abschnitt 5).
Praxis- und Verfahrensfragen in Zusammenhang mit der Recherche und Prüfung von PCT-Anmeldungen in der internationalen Phase werden nicht in den vorliegenden Richtlinien, sondern in den PCT-Richtlinien für die internationale Recherche und die internationale vorläufige Prüfung behandelt, die auf der WIPO-Website verfügbar sind: wipo.int. In Letzteren enthaltene Wahlmöglichkeiten und Anweisungen, wie das Europäische Patentamt als Anmeldeamt, Internationale Recherchenbehörde, für die ergänzende internationale Recherche bestimmte Behörde oder mit der internationalen vorläufigen Prüfung beauftragte Behörde damit umgeht, werden, wo immer es angebracht erscheint, zum Gegenstand gesonderter Mitteilungen im Amtsblatt und auf der Website des EPA gemacht. Bitte konsultieren Sie auch die Richtlinien für die Recherche und Prüfung im EPA als PCT-Behörde, die auf der Website des EPA verfügbar sind. Wichtig ist, dass in Bezug auf internationale Anmeldungen nach dem PCT, die Gegenstand von Verfahren vor dem EPA sind, der PCT, seine Ausführungsordnung und ergänzend das EPÜ anzuwenden sind. Bei mangelnder Übereinstimmung gehen die Vorschriften des PCT vor (Art. 150 (2) EPÜ).
Die vorliegenden Richtlinien sind in erster Linie für Prüfer und Formalsachbearbeiter des EPA bestimmt, sollen aber auch Verfahrensbeteiligten und Bevollmächtigten als Grundlage dienen, um Recht und Praxis im Verfahren vor dem EPA zu veranschaulichen. Als Verfahrensbeteiligter bezeichnet wird in der Regel der Anmelder, der Patentinhaber oder der Einsprechende und, falls der Verfahrensbeteiligte vertreten wird, der Vertreter (siehe A‑VIII, 1).
Die Richtlinien können nicht alle möglichen Fälle und Ausnahmen im Detail abdecken, sondern sind als allgemeine Anleitung zu sehen, die im Einzelfall möglicherweise anzupassen ist.
Die Anwendung der Richtlinien auf die einzelnen europäischen Patentanmeldungen oder Patente liegt in der Verantwortung der Formalsachbearbeiter und Prüfer. In der Regel können die Beteiligten davon ausgehen, dass sich das EPA an diese Richtlinien halten wird, bis sie – oder die ihnen zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften – geändert werden. Änderungen werden im Amtsblatt oder auf der Website des EPA bekannt gemacht.
Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Richtlinien keine Rechtsvorschriften darstellen. Maßgebend für die Arbeit im EPA ist in erster Linie das Europäische Patentübereinkommen mit seiner Ausführungsordnung, dem Protokoll über die Auslegung des Art. 69 EPÜ, dem Zentralisierungsprotokoll, dem Anerkennungsprotokoll, dem Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten und der Gebührenordnung sowie an zweiter Stelle die Auslegung des EPÜ durch die Beschwerdekammern und durch die Große Beschwerdekammer.
Durch die Verweisungen auf eine Entscheidung oder eine Stellungnahme der Großen Beschwerdekammer soll der Leser darüber informiert werden, dass die beschriebene Praxis übernommen wurde, um der betreffenden Entscheidung oder Stellungnahme Rechnung zu tragen. Dasselbe gilt für Entscheidungen der Juristischen Beschwerdekammer und der Technischen Beschwerdekammern.
Bei voneinander abweichenden Entscheidungen der Juristischen Beschwerdekammer oder der Technischen Beschwerdekammern folgen die Prüfer und Formalsachbearbeiter des EPA in der Regel der in den Richtlinien beschriebenen allgemeinen Praxis, die bis auf Weiteres gilt. Die Richtlinien spiegeln ferner nur diejenigen Entscheidungen der Beschwerdekammern wider, die aufgrund ihrer allgemeinen verfahrensrechtlichen Bedeutung in die allgemeine Praxis des EPA übernommen wurden; abweichende Entscheidungen im Einzelfall werden nicht berücksichtigt, weil die Bindungswirkung des Art. 111 (2) EPÜ nur für diesen spezifischen Fall gilt.
Das EPA führt auch Recherchen für nationale Patentanmeldungen bestimmter Länder durch. Die Anleitungen in Teil B sind im Wesentlichen auch auf solche Recherchen anwendbar.
Diese Richtlinien decken das Verfahren zur Erteilung europäischer Patente ab. Sie behandeln nicht die Verfahren zum einheitlichen Patentschutz (EU-Verordnungen Nrn. 1257/2012 und 1260/2012, ABl. EPA 2013, 111 und ABl. EPA 2013, 132) – mit Ausnahme von Aspekten, die das Verfahren zur Erteilung europäischer Patente betreffen (siehe C‑IV, 7.2), oder auch Übergangsmaßnahmen (siehe C‑V, 2) beispielsweise die Beantragung der einheitlichen Wirkung für das erteilte Patent (siehe C‑V, 2.1). Allgemeine Informationen zu den Aspekten des Systems für das einheitliche Patent sind der EPA-Website zu entnehmen (epo.org/applying/european/unitary_de.html).