2.3 Nach Erhalt des ersten Bescheids – Regel 137 (3)
Overview
Nach dem in H‑II, 2.2 genannten anwendbaren Ereignis liegt es im Ermessen der Prüfungsabteilung, ob sie weitere vom Anmelder vorgeschlagene Änderungen prüft. Diese Vorschrift stellt die Zulassung von Änderungen in das Ermessen der Prüfungsabteilung, um sicherzustellen, dass das Prüfungsverfahren in möglichst wenigen Arbeitsgängen zum Abschluss gebracht wird (siehe C‑IV, 3). Bei der Ausübung ihres Ermessens muss die Prüfungsabteilung allen rechtserheblichen Faktoren Rechnung tragen; sie muss insbesondere das Interesse des Anmelders an einem rechtsbeständigen Patent und das seitens des EPA bestehende Interesse, das Prüfungsverfahren (gemäß den in G 7/93 aufgestellten Grundsätzen) effizient zum Abschluss zu bringen, gegeneinander abwägen.
Außerdem ist bei Ausübung des Ermessens nach Regel 137 (3) zu begründen, warum Änderungen nicht zugelassen werden (siehe T 755/96). Ebenso wenig kann die Prüfungsabteilung die Zulassung von Änderungen von vornherein ausschließen (siehe T 1105/96, T 246/08).
Abweichend von Regel 137 (3) ist in Buchstabe b der Regel 164 (2) das Recht vorgesehen, die Anmeldung in Erwiderung auf die Ergebnisse einer Recherche nach Regel 164 (2) zu ändern. Dies bedeutet, dass der Anmelder in Erwiderung auf die Mitteilung nach Art. 94 (3), der die Recherchenergebnisse nach Regel 164 (2) beigefügt sind, einmal von sich aus Änderungen vornehmen kann (siehe auch H‑II, 6.4.1).
Bei Zulassung einer Änderung wird die neue Fassung der Beschreibung, der Patentansprüche und der Zeichnungen dem weiteren Verfahren zugrunde gelegt. Die Zulassung einer Änderung bedeutet nicht unbedingt, dass die Anmeldung in der geänderten Fassung gewährbar ist, d. h. keine sich aus dem EPÜ ergebenden Einwände bestehen.
In Ausübung ihres Ermessens nach Regel 137 (3) wird die Prüfungsabteilung dabei die konkreten Umstände des Einzelfalls und das Verfahrensstadium berücksichtigen, in dem sich die Anmeldung befindet. Eine Rolle spielt auch, ob der Anmelder bereits ausreichend Gelegenheit zu Änderungen hatte. Nicht zugelassen werden insbesondere Änderungen, wenn sie einen Mangel wieder einführen, der bereits zuvor von der Prüfungsabteilung gerügt und vom Anmelder beseitigt worden war (siehe T 1326/11 und T 1064/04).
Der Anmelder muss beachten, dass sich eine Änderung in einem frühen Verfahrensstadium leichter durchsetzen lässt als in einem späten. Je später Änderungen eingereicht werden, umso schwerer wiegt der Aspekt der Verfahrensökonomie bei der Abwägung zwischen dem Interesse des Anmelders an der Erlangung eines Patents und dem Interesse des EPA am Abschluss des Prüfungsverfahrens (siehe T 951/97 und G 7/93).
Andererseits werden Änderungen, durch die ein bereits für gewährbar befundener Anspruch beschränkt wird, in der Regel zugelassen. Dasselbe gilt für Änderungen, durch die die Klarheit der Beschreibung oder der Ansprüche in eindeutig wünschenswerter Weise verbessert wird (siehe T 1929/13).
Wird durch Änderungen ein Mangel, zu dessen Beseitigung im vorangegangenen Bescheid aufgefordert worden war, eindeutig behoben, werden sie stets zugelassen, sofern dadurch kein neuer Mangel entsteht.
Im Übrigen ist danach zu unterscheiden, in welchem Umfang die Unterlagen überarbeitet werden sollen. Eine weitgehende Neufassung der Beschreibung oder der Patentansprüche kommt in Betracht, wenn die Änderung aufgrund eines weiteren, besonders einschlägigen Stands der Technik erfolgt, von dem der Anmelder erst spät Kenntnis erhalten hat (z. B. durch eine weitere Entgegenhaltung der Prüfungsabteilung oder durch Information von anderer Seite). Bei kleineren Änderungen wird sich die Prüfungsabteilung verständnisvoll zeigen und abwägen zwischen Fairness gegenüber dem Anmelder und der Notwendigkeit, unnötige Verzögerungen und übermäßige, ungerechtfertigte Mehrarbeit für das EPA zu vermeiden.
Abgelehnt werden können Änderungen nach Regel 137 (3) auch wegen der Nichtzulassung:
– von Hilfsanträgen, weil bestimmte Umstände vorliegen (siehe H‑III, 3.3.2.1), oder
– eines in einer oder in Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung eingereichten Antrags, wenn dieser Antrag gegen Regel 137 (4) verstößt (siehe H‑III, 2.1.3)
aus Gründen der Verfahrensökonomie (vorausgesetzt der Anmelder wurde dazu gehört (Art. 113 (1)).
Zusätzliche Einschränkungen können nach einer Zurückverweisung durch eine Beschwerdekammer nach Art. 111 (2) gelten.