Kapitel III – Erste Prüfungsphase
In Ausnahmefällen kann die Prüfungsabteilung als ersten Bescheid im Prüfungsverfahren eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erlassen. Die Abteilung kann eine solche Ladung nur dann beschließen, wenn
– ihrer Auffassung nach selbst unter Berücksichtigung der Erwiderung des Anmelders auf die Stellungnahme zur Recherche keine Aussicht auf Erteilung besteht,
– sich der Inhalt der eingereichten Ansprüche im Wesentlichen nicht vom Inhalt der Ansprüche unterscheidet, die der Recherche zugrunde lagen, und
– einer oder mehrere der in der Stellungnahme zur Recherche erhobenen Einwände, die für den Ausgang des Prüfungsverfahrens entscheidend sind, immer noch Bestand haben.
Zusätzlich kann die Prüfungsabteilung in Ausnahmefällen bei der Prüfung einer Teilanmeldung als ersten Bescheid eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erlassen, wenn
– die Stammanmeldung zurückgewiesen oder zurückgenommen worden ist und für die Teilanmeldung selbst unter Berücksichtigung der Erwiderung des Anmelders auf die Stellungnahme zur Recherche keine Aussicht auf Erteilung besteht,
– der Inhalt der eingereichten Ansprüche im Wesentlichen derselbe oder breiter ist als der Gegenstand der Ansprüche, die für die zurückgewiesene oder zurückgenommene Stammanmeldung geprüft wurden oder der Recherche der Teilanmeldung zugrunde lagen, und
– einer oder mehrere der für den Ausgang des Prüfungsverfahrens entscheidenden Einwände, die entweder in der Stellungnahme zur Recherche für die Teilanmeldung, in der Zurückweisung der Stammanmeldung oder in einem zu dem zurückgewiesenen Patent ergangenenen Bescheid erhoben wurden, immer noch Bestand haben.
Die Anlage zur Ladung, die als erster Bescheid im Prüfungsverfahren erlassen worden ist, muss die Anträge des Anmelders in ihrer Gesamtheit behandeln und so ausführlich sein wie eine Mitteilung nach Art. 94 (3) (siehe insbesondere C‑III, 4.1). Sie darf keine neuen Einwände enthalten und keine neuen Dokumente anführen, d. h. keine Dokumente oder Einwände, die weder in der Stellungnahme zur Recherche noch – im Falle einer Teilanmeldung – in der Zurückweisung der Stammanmeldung oder in einem Bescheid zu dem zurückgewiesenen Patent enthalten waren. Alle Einwände gegen die Anmeldung müssen behandelt und substanziiert werden, indem die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Gründe genannt werden. Außerdem muss die Anlage zur Ladung die Gründe enthalten, warum die Prüfungsabteilung beschlossen hat, mit dem ersten Bescheid im Prüfungsverfahren direkt zur mündlichen Verhandlung zu laden. Die Abteilung kann den Anmelder telefonisch informieren, wenn sie erwägt, als ersten Bescheid im Prüfungsverfahren eine Ladung zur mündlichen Verhandlung zu versenden (C‑VII, 2.5).
Damit der Anmelder ausreichend Zeit hat, vor der mündlichen Verhandlung etwaige Schriftsätze vorzubereiten, sollte die Ladungsfrist mindestens sechs Monate betragen.
Gemäß den für Ladungen zur mündlichen Verhandlung geltenden Grundsätzen kann der Anmelder von der Möglichkeit Gebrauch machen, bis zum Ablauf der Frist nach Regel 116 (1) Argumente und Änderungen einzureichen. Nach diesem Zeitpunkt eingehende Anträge dürfen nicht als verspätet eingereicht behandelt werden, wenn die Prüfungsabteilung als Erstbescheid eine Ladung zur mündlichen Verhandlung erlassen hat (siehe H‑II, 2.7).
Wenn sich der Anmelder in seinen Schriftsätzen ernsthaft bemüht, die Einwände der Prüfungsabteilung auszuräumen, kann die mündliche Verhandlung abgesagt oder vertagt werden. Anderenfalls wird in der mündlichen Verhandlung grundsätzlich eine inhaltliche Entscheidung über die Anmeldung getroffen, selbst wenn der Anmelder nicht an der Verhandlung teilnimmt (siehe E‑III, 6 und E‑III, 8.3.3.3).