Kapitel VIII – Arbeit innerhalb der Prüfungsabteilung
Hält es die Prüfungsabteilung nach Art der Entscheidung für erforderlich, so wird sie durch ein rechtskundiges Mitglied einen rechtskundigen Prüfer ergänzt. Die Entscheidung auf Erweiterung bzw. Aufhebung der Erweiterung obliegt der Prüfungsabteilung.
Die Mitwirkung eines rechtskundigen Mitglieds Prüfers oder zumindest die interne Beratung durch die Direktion Patentrecht und -prozesse, die für die Entsendung rechtskundiger Mitglieder in Prüfungs- und Einspruchsabteilungen zuständig ist, ist dann geboten, wenn eine in den Richtlinien oder in der Rechtsprechung noch nicht eindeutig gelöste, rechtlich schwierige Frage auftritt.
Der Anmelder wird über die Erweiterung in der Mitteilung bzw. in der Anlage zur Ladung oder in der nach der Erweiterung getroffenen Entscheidung unterrichtet. Nach einer Erweiterung müssen Mitteilungen oder Entscheidungen von allen vier Mitgliedern der Prüfungsabteilung unterzeichnet werden.
Wird die Prüfungsabteilung auf vier Mitglieder erweitert, gibt bei Stimmengleichheit die Stimme des Vorsitzenden den Ausschlag. Eine Erweiterung ist in der Regel bei technischen Gutachten (Art. 25, siehe E‑XIII, 3.1), und bei einer Beweisaufnahme nach Regel 117 (einschließlich Zeugeneinvernahme, siehe E‑IV) erforderlich. Sie kann auch im Fall einer mündlichen Verhandlung zweckmäßig sein.
Wurde eine Prüfungsabteilung gemäß Art. 18 (2) erweitert, der Fall aber in einer dreiköpfigen Besetzung entschieden, dann sollte aus der öffentlich zugänglichen Akte klar hervorgehen, dass die Prüfungsabteilung in der vierköpfigen Besetzung vor dem Erlass der abschließenden Entscheidung entschieden hat, die Erweiterung aufzuheben.
Ist die Prüfungsabteilung also der Meinung, dass die Erweiterung nicht mehr erforderlich ist, hebt sie die Erweiterung auf. Diese Entscheidung ist nicht gesondert anfechtbar. Der Anmelder wird über die Aufhebung der Erweiterung in der Mitteilung bzw. in der Anlage zur Ladung oder in der nach der Aufhebung der Erweiterung getroffenen Entscheidung unterrichtet.
Je nach Art der Frage kann anstelle der Erweiterung der Prüfungsabteilung eine interne Beratung durch ein rechtskundiges Mitglied der Direktion Patentrecht und -prozesse ausreichen. Beispielsweise kann es zweifelhaft sein, ob die Anmeldung nach Art. 52 (2) eine Erfindung zum Gegenstand hat oder ob die beanspruchte Erfindung nach Art. 53 von der Patentierbarkeit ausgenommen ist. Eine solche Beratung ist auch dann sinnvoll, wenn bei einer Entscheidung insgesamt rechtliche Erwägungen im Vordergrund stehen, wie bei einem Verfahren über einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Art. 122. Auch der Formalprüfer kann im Rahmen der ihm gemäß Regel 11 (3) übertragenen Aufgaben Anfragen an die Direktion Patentrecht und -prozesse stellen (siehe Beschluss des Präsidenten des EPA vom 12. Dezember 2013, ABl. EPA 2014, A6).