Kapitel III – Ausreichende Offenbarung
Gelegentlich werden Anmeldungen eingereicht, bei denen die Erfindung von Grund auf insofern unzulänglich ist, als sie von einem Fachmann nicht ausgeführt werden kann; sie entspricht dann nicht den Erfordernissen des Art. 83, was einen im Wesentlichen nicht behebbaren Mangel darstellt.
Zwei Beispiele solcher Fälle bedürfen besonderer Erwähnung. Im ersten Fall handelt es sich darum, dass die erfolgreiche Ausführung der Erfindung zufallsbedingt ist. Das bedeutet, dass der Fachmann bei Befolgung der Anweisungen zur Ausführung der Erfindung feststellt, dass die angeblichen Ergebnisse der Erfindung nicht wiederholbar sind oder dass diese Ergebnisse in völlig unzuverlässiger Weise erzielt werden. Muss der Fachmann ein Forschungsprogramm mit begrenzten Erfolgschancen nach dem Prinzip Versuch und Irrtum durchführen, um die Ergebnisse der Erfindung zu reproduzieren, ist die Offenbarung nicht ausreichend (T 38/11, Nr. 2.6 der Entscheidungsgründe). Ein Beispiel, bei dem dieser Fall eintreten könnte, ist ein mikrobiologisches Verfahren, bei dem Mutationen auftreten. Solche Fälle sind von den Fällen zu unterscheiden, in denen ein wiederholter Erfolg gewährleistet ist, auch wenn sich dabei eine Fehlerquote ergibt, wie beispielsweise bei der Herstellung kleiner Magnetkerne oder elektronischer Bauteile. Im letztgenannten Fall sind, sofern sich die fehlerlosen Teile ohne Weiteres durch ein zerstörungsfreies Prüfverfahren aussondern lassen, keine Einwände gemäß Art. 83 zu erheben. Ein weiteres Beispiel ist im Bereich der künstlichen Intelligenz zu finden, nämlich wenn die verwendeten mathematischen Methoden und Trainingsdatensätze nicht detailliert genug offenbart sind, um die technische Wirkung über den gesamten beanspruchten Bereich hinweg zu reproduzieren. Ein solcher Mangel an Detailgenauigkeit kann zu einer Offenbarung führen, die eher einer Einladung zu einem Forschungsprogramm gleicht (siehe auch G‑II, 3.3.1).
Das zweite Beispiel betrifft Fälle, in denen eine erfolgreiche Ausführung der Erfindung an sich schon unmöglich ist, da sie feststehenden physikalischen Gesetzen widersprechen würde; dies gilt beispielsweise für ein Perpetuum mobile. Wenn sich die Patentansprüche für eine solche Maschine auf deren Funktionsweise und nicht nur auf deren konstruktiven Aufbau beziehen, so ergeben sich Einwände nicht nur gemäß Art. 83, sondern auch gemäß Art. 52 (1), da die Erfindung nicht "gewerblich anwendbar ist" (siehe G‑III, 1).