3.6 Computerprogramme
Datenbankverwaltungssysteme sind technische Systeme, die auf Computern installiert werden, um die technischen Aufgaben der Speicherung und Abfrage von Daten mithilfe verschiedener Datenstrukturen zur effizienten Datenverwaltung durchzuführen. Ein in einem Datenbankverwaltungssystem durchgeführtes Verfahren ist somit ein Verfahren, bei dem technische Mittel verwendet werden, und ist somit nicht nach Art. 52 (2) und Art. 52 (3) von der Patentierbarkeit ausgeschlossen.
Merkmale, die die interne Funktionsweise eines Datenbankverwaltungssystems spezifizieren, beruhen in der Regel auf technischen Überlegungen. Sie tragen daher zum technischen Charakter der Erfindung bei und werden bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigt. Technische Überlegungen sind beispielsweise beteiligt bei der Verbesserung des Systemdurchsatzes und der Antwortzeiten bei Abfragen durch die automatische Datenverwaltung mithilfe verschiedener Datenspeicher mit unterschiedlichen technischen Eigenschaften wie z. B. unterschiedlichen Konsistenz- oder Leistungsniveaus (T 1924/17, T 697/17).
Datenbankverwaltungssysteme führen strukturierte Abfragen durch, die die abzurufenden Daten formell und präzise beschreiben. Die Optimierung der Durchführung solcher strukturierten Abfragen in Bezug auf die benötigten Computerressourcen (wie etwa CPU, Hauptspeicher oder Festplatte) trägt zum technischen Charakter der Erfindung bei, weil sie technische Überlegungen beinhaltet, die die effiziente Nutzung des Computersystems betreffen.
Allerdings leisten nicht alle Merkmale, die in einem Datenbankverwaltungssystem implementiert sind, allein aufgrund dieser Tatsache einen technischen Beitrag. So leistet z. B. das Merkmal eines Datenbankverwaltungssystems für die Kostenbuchhaltung, das die Nutzung des Systems durch verschiedene Nutzer betrifft, keinen technischen Beitrag.
Datenstrukturen wie ein Index, eine Hashtabelle oder ein Abfragebaum, die in Datenbankverwaltungssystemen verwendet werden, um den Datenzugang zu erleichtern oder strukturierte Abfragen durchzuführen, tragen zum technischen Charakter der Erfindung bei. Solche Datenstrukturen sind funktionell, weil sie den Betrieb des Datenbankverwaltungssystems zielgerichtet steuern, um diese technischen Aufgaben auszuführen. Datenstrukturen hingegen, die allein durch die von ihnen gespeicherten kognitiven Informationen definiert sind, leisten über die bloße Datenspeicherung hinaus keinen Beitrag zum technischen Charakter der Erfindung (siehe auch G‑II, 3.6.3).
Es wird unterschieden zwischen der Ausführung strukturierter Abfragen durch ein Datenbankverwaltungssystem und der Informationsabfrage. Zu Letzterer gehört die Suche nach Informationen in einem Dokument, die Suche nach den Dokumenten selbst und die Suche nach Metadaten, die Text-, Bild- oder Audiodaten beschreiben. Die Suchanfrage kann vom Nutzer formuliert werden, der die Informationen benötigt, wobei er diese in der Regel informell in natürlicher Sprache und ohne konkretes Format formuliert: der Nutzer kann Suchbegriffe in Web-Suchmaschinen eingeben, um einschlägige Dokumente zu finden, oder ein Beispieldokument eingeben, um ähnliche Dokumente zu ermitteln. Wenn die Methode zur Bewertung der Relevanz oder Ähnlichkeit ausschließlich auf nichttechnischen Kriterien, wie etwa dem kognitiven Inhalt der Ergebnisse, rein linguistischen Regeln oder anderen subjektiven Kriterien (z. B. Ergebnissen, die von Freunden in sozialen Netzwerken für relevant befunden wurden) basiert, so leistet sie keinen technischen Beitrag.
Die Übersetzung linguistischer Kriterien in ein mathematisches Modell, um die automatische Ausführung der linguistischen Analyse durch einen Computer zu ermöglichen, kann als Vorgang betrachtet werden, der zumindest implizit mit technischen Überlegungen verbunden ist. Dies reicht jedoch nicht aus, um den technischen Charakter des mathematischen Modells zu gewährleisten. Es sind weitere technische Überlegungen erforderlich, z. B. in Bezug auf die interne Funktionsweise des Computersystems.
Ein mathematisches Modell zur Berechnung der Wahrscheinlichkeit, dass ein bestimmter Begriff eine ähnliche Bedeutung hat wie ein anderer Begriff, indem die Häufigkeit des gemeinsamen Vorkommens beider Begriffe in einer Sammlung von Dokumenten analysiert wird, leistet per se noch keinen technischen Beitrag, weil es auf rein linguistischen Überlegungen basiert (d. h. auf der Annahme, dass verwandte Begriffe häufiger als nicht verwandte Begriffe in demselben Dokument vorkommen). Die Suchergebnisse, die man mit dieser Methode der Wahrscheinlichkeitsrechnung erhält, würden sich vom Stand der Technik, bei dem ein anderes mathematisches Modell verwendet wird, nur darin unterscheiden, dass Informationen mit unterschiedlichem kognitivem Inhalt abgerufen würden. Dies ist ein nichttechnischer Unterschied und gilt nicht als technische Wirkung. Im Kontext der Abfrage anhand der Bedeutungsähnlichkeit von Begriffen ist das Konzept der "besseren Suche" subjektiv (T 598/14). Im Gegensatz dazu kommt der Optimierung der Durchführungsdauer von strukturierten Abfragen in einem Datenbankverwaltungssystem wie oben beschrieben eine technische Wirkung zu.
Siehe auch G‑II, 3.3.1 zu Algorithmen für künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen.