4. Klarheit und Auslegung der Patentansprüche
Amino- oder Nukleinsäuresequenzen können über die prozentuale Identität definiert werden. Diese gibt den Prozentsatz identischer Reste bei einem bestimmten Alignment über eine definierte Länge der Sequenz an. Wenn kein Algorithmus oder Berechnungsverfahren zur Ermittlung der prozentualen Identität definiert ist, wird die breitestmögliche Auslegung ausgehend von einem geeigneten am maßgeblichen Anmeldetag bekannten Algorithmus oder Berechnungsverfahren zugrunde gelegt.
Aminosäuresequenzen können über den Ähnlichkeitsgrad (ausgedrückt als prozentuale Ähnlichkeit) definiert werden. Der Begriff der Ähnlichkeit ist breiter als der der Identität, denn er erlaubt bei einem bestimmten Alignment über eine definierte Länge die konservative Substitution von Aminosäureresten mit ähnlichen physikalisch-chemischen Eigenschaften. Die prozentuale Ähnlichkeit lässt sich nur ermitteln, wenn eine Scoring-Matrix für die Ähnlichkeit definiert wird. Ohne die Definition einer solchen Scoring-Matrix erstreckt sich ein Anspruch für eine Sequenz, die eine prozentuale Ähnlichkeit mit einer genannten Sequenz aufweist, auf sämtliche Sequenzen, die das anhand einer geeigneten, am maßgeblichen Anmeldetag bekannten Scoring-Matrix festgelegte Ähnlichkeitserfordernis erfüllen.
Wird für Aminosäuresequenzen als einziges Merkmal zur Unterscheidung des Anspruchsgegenstands vom Stand der Technik eine prozentuale Homologie verwendet, so wird dies nach Art. 84 beanstandet (siehe F‑IV, 4.6.1), es sei denn, in der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung ist eindeutig definiert, wie diese prozentuale Homologie bestimmt oder berechnet wird. Für Nukleinsäuresequenzen gelten prozentuale Homologie und prozentuale Identität normalerweise als Synonyme.