2.3.5 Prioritätsanspruch
In der Regel wird die in A‑III, 6.7 erwähnte Abschrift der früheren Anmeldung, d. h. der Prioritätsbeleg dem EPA als Bestimmungsamt nicht vom Anmelder, sondern vom Internationalen Büro übermittelt. Gemäß Regel 17.2 PCT übermittelt das Internationale Büro dem EPA auf dessen Antrag üblicherweise unverzüglich eine Abschrift, jedoch nicht vor der internationalen Veröffentlichung oder, falls der Anmelder gemäß Art. 23 (2) PCT eine vorzeitige Bearbeitung beantragt hat, nicht vor dem Tag der Antragstellung. Hat der Anmelder die Bestimmungen der Regel 17.1 a) PCT, Regel 17.1 b) PCT oder Regel 17.1 b-bis) PCT erfüllt, darf das EPA den Anmelder selbst nicht zur Einreichung einer Abschrift auffordern.
Ist das Aktenzeichen oder die Abschrift der früheren Anmeldung bis zum Ablauf der 31-Monatsfrist noch nicht eingereicht worden, so wird der Anmelder aufgefordert, das Aktenzeichen oder die Abschrift innerhalb von zwei Monaten einzureichen. Regel 53 (2) und der Beschluss des Präsidenten des EPA vom 18. Oktober 2018, ABl. EPA 2018, A78, die eine Ausnahme von dem Erfordernis vorsehen, dass eine Abschrift der früheren Anmeldung eingereicht werden muss (siehe A‑III, 6.7), gelten jedoch auch für internationale Anmeldungen, die in die europäische Phase eintreten. Im Übrigen darf das EPA als Bestimmungsamt, wenn der Anmelder die Erfordernisse der Regel 17.1 a) PCT, Regel 17.1 b) PCT oder Regel 17.1 b-bis) PCT erfüllt hat, den Anmelder selbst nicht auffordern, eine Abschrift des Prioritätsbelegs einzureichen (Regel 17.2 a) PCT, Satz 2).
Ist der Prioritätsbeleg noch nicht bei der Akte, kann dennoch mit der Sachprüfung begonnen werden, es sei denn, zur betreffenden Anmeldung liegt Zwischenliteratur (im Prioritätsintervall veröffentlichte Dokumente) oder Stand der Technik gemäß Art. 54 (3) vor, sodass die Patentierbarkeit des beanspruchten Gegenstands von der Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs abhängig ist. Allerdings kann kein europäisches Patent erteilt werden, solange der Prioritätsbeleg noch aussteht. In diesem Fall wird dem Anmelder mitgeteilt, dass der Erteilungsbeschluss erst ergeht, wenn der Prioritätsbeleg eingereicht wurde.
Andererseits kann die Anmeldung zurückgewiesen werden, ohne dass der Prioritätsbeleg vorliegt, falls es sich beim einschlägigen Stand der Technik weder um Zwischenliteratur noch um Dokumente gemäß Art. 54 (3) handelt, deren Relevanz von der Wirksamkeit des Prioritätsanspruchs abhängt. Näheres zur Behandlung solcher Fälle im Prüfungsverfahren enthält F‑VI, 3.4.
Ist eine Übersetzung der früheren Anmeldung in eine der Amtssprachen des EPA erforderlich, so ist sie auf Aufforderung des EPA nach Regel 53 (3) einzureichen (siehe A‑III, 6.8 und Unterpunkte und A-III, 6.10).