2.2 Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung – Allgemeines
Für die Zwecke des Art. 123 (2) gehören Merkmale, die nicht in der Beschreibung der Erfindung in der ursprünglich eingereichten Fassung offenbart, sondern nur in einem Dokument beschrieben sind, auf das in der Beschreibung Bezug genommen wird, prima facie nicht zum "Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung". Nur unter bestimmten Umständen können solche Merkmale im Wege einer Änderung in die Ansprüche einer Anmeldung aufgenommen werden.
Eine solche Änderung bedeutet keinen Verstoß gegen Art. 123 (2), wenn aus der Beschreibung der Erfindung in der ursprünglich eingereichten Fassung für den Fachmann zweifelsfrei erkennbar ist (siehe T 689/90), dass
i)für diese Merkmale Schutz begehrt wird oder werden kann,
ii)diese Merkmale zur Lösung der der Erfindung zugrunde liegenden technischen Aufgabe beitragen,
iii)diese Merkmale zumindest implizit eindeutig zur Beschreibung der in der eingereichten Anmeldung enthaltenen Erfindung (Art. 78 (1) b)) und damit zum Offenbarungsgehalt dieser Anmeldung (Art. 123 (2)) gehören und
iv)diese Merkmale in der Offenbarung des Bezugsdokuments genau definiert und identifizierbar sind.
Ein Dokument, das der Öffentlichkeit am Anmeldetag der Patentanmeldung nicht zugänglich war, kann zudem nur berücksichtigt werden, wenn (siehe T 737/90)
a)dem EPA bzw. dem Anmeldeamt, sofern es sich um eine Euro-PCT-Anmeldung handelt, die nicht beim EPA als Anmeldeamt eingereicht wurde, vor dem oder am Anmeldetag eine Abschrift des Dokuments vorlag und
b)das Dokument der Öffentlichkeit spätestens am Tag der Veröffentlichung der Anmeldung gemäß Art. 93 zugänglich gemacht wurde (z. B. indem es in die Anmeldungsakte aufgenommen und damit nach Art. 128 (4) veröffentlicht wurde).