1. Fristen und Rechtsverlust bei Fristversäumnis
Hat der Beteiligte eine erforderliche Handlung nicht fristgerecht vorgenommen, so können je nach den Umständen verschiedene Rechtsfolgen eintreten. Zum Beispiel wird nach Art. 90 (2) und Regel 55 die Anmeldung nicht weiterbehandelt; nach Art. 90 (5) wird die Anmeldung zurückgewiesen bzw. erlischt ein Prioritätsanspruch; nach Regel 5 kann ein Schriftstück als nicht eingegangen gelten. Ist der Prüfungsantrag nicht rechtzeitig gestellt worden, so gilt die Anmeldung als zurückgenommen (Art. 94 (2)); diese Rechtsfolge kann auch in jenen Fällen eintreten, in denen der Anmelder eine vom EPA gesetzte Frist versäumt (z. B. die Frist, binnen deren einer Aufforderung zur Vornahme einer Änderung nach Art. 94 (3) zu entsprechen ist).
Ist bei Versäumung einer bestimmten Frist im EPÜ im Gegensatz zu Fällen, in denen zwingend eine Rechtsfolge vorgeschrieben ist – z. B. im Falle des Widerrufs des europäischen Patents, wenn die Veröffentlichungsgebühr nicht rechtzeitig entrichtet wird (Regel 82 (3)) -, keine bestimmte Rechtsfolge vorgeschrieben, so sind auch nach Ablauf der Frist, aber vor Abgabe der Entscheidung an die interne Poststelle des EPA zum Zwecke der Zustellung an die Beteiligten eingegangene Eingaben und Anträge der Beteiligten im weiteren Verfahren zu berücksichtigen (siehe G 12/91). Neue Tatsachen und Beweismittel sind jedoch als verspätet vorgebracht zu behandeln (Art. 114 (2), siehe auch E‑VI, 1.2).