2.4.2 Materielle Beschwerdeberechtigung (Artikel 107 EPÜ)
Übersicht
In T 265/20 war der Beschwerdeführer durch den Erteilungsbeschluss beschwert, da im erteilten Patent sämtliche in seinem Antrag aufgeführten Zeichnungsblätter fehlten. Die Kammer sah die Beschwer in der Diskrepanz zwischen dem im Prüfungsverfahren gestellten ausdrücklichen Erteilungsantrag des Beschwerdeführers und dem Inhalt der B1-Schrift gegeben. Der angefochtene Beschluss enthielt nicht die Zeichnungsblätter 1/4 bis 4/4, die somit auch in der B1-Schrift fehlten, was eindeutig weniger war, als der Beschwerdeführer beantragt hatte. Die Tatsache, dass alle Zeichnungsblätter fehlten, wurde als ausreichender Grund dafür gewertet, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtene Entscheidung beschwert war, unabhängig davon, warum die Blätter fehlten und wie der rechtliche Rahmen der R. 71 EPÜ auszulegen ist.
Die Kammer verwies auf T 2277/19, wo die Ausgangssituation eine andere war. Dort hatte die ursprüngliche Anmeldung die Beschreibungsseiten, die Ansprüche und die Zeichnungsblätter 1/18 bis 18/18 enthalten. Im Prüfungsverfahren hatte der Anmelder die geänderten Zeichnungsblätter 1/7 bis 7/7 eingereicht, die die Zeichnungsblätter 1/18 bis 18/18 ersetzen sollten. Die Zeichnungsblätter 1/7 bis 7/7 waren in der dem Anmelder nach R. 71 (3) EPÜ übermittelten Fassung enthalten, ebenfalls enthalten waren jedoch die Zeichnungsblätter 8/18 bis 18/18, die er vorher de facto zurückgenommen hatte. Vorbehaltlich kleiner Änderungen erklärte der Anmelder sodann sein Einverständnis mit der für die Erteilung vorgesehenen Fassung. Seine Beschwerde wurde für unzulässig befunden, weil er nicht beschwert war. Die Sachlage im vorliegenden Fall war insofern eine andere, als die dem Anmelder nach R. 71 (3) EPÜ übermittelte Fassung und das Druckexemplar überhaupt keine Zeichnungen enthielten, d. h. weder die beantragten noch sonstige, und das Einverständnis nicht ausdrücklich erteilt wurde, sondern vielmehr als erteilt galt. Die Kammer entschied, dass hier keine divergierende Rechtsprechung vorliegt und somit die Große Beschwerdekammer nicht befasst werden muss. Siehe auch Kapitel IV.A.2. "Zustimmung des Anmelders zum Text".
In T 611/15 the opposition division maintained the patent in amended form based on auxiliary request VIII. The proprietor had argued that it had withdrawn only the auxiliary requests filed in writing before the oral proceedings, not the main request. However, the minutes stated that the representative of the proprietor announced that he would withdraw all other requests so that auxiliary request VIII as filed during the oral proceedings represented the main and sole request of the proprietor. In the absence of any request for correction of the minutes, the board assumed that these statements accurately reflected the state of the proprietor's requests. Given that the decision on this request was in favour of the proprietor it followed that the proprietor was not adversely affected by the decision. In T 611/15 hatte die Einspruchsabteilung das Patent in geänderter Form auf der Grundlage des Hilfsantrags VIII aufrechterhalten. Der Patentinhaber hatte argumentiert, dass er nur die vor der mündlichen Verhandlung schriftlich eingereichten Hilfsanträge zurückgenommen habe, nicht aber den Hauptantrag. Laut Niederschrift hatte jedoch der Vertreter des Patentinhabers erklärt, er werde alle übrigen Anträge zurücknehmen, sodass der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag VIII den Haupt- und auch den einzigen Antrag des Patentinhabers darstellte. Da kein Antrag auf Berichtigung der Niederschrift vorlag, ging die Kammer davon aus, dass die dortigen Aussagen den Status der Anträge des Patentinhabers exakt wiedergaben. Da die Entscheidung über diesen Antrag zugunsten des Patentinhabers ausfiel, war der Patentinhaber durch die Entscheidung folglich nicht beschwert.
In T 611/15 hatte die Einspruchsabteilung das Patent in geänderter Form auf der Grundlage des Hilfsantrags VIII aufrechterhalten. Der Patentinhaber hatte argumentiert, dass er nur die vor der mündlichen Verhandlung schriftlich eingereichten Hilfsanträge zurückgenommen habe, nicht aber den Hauptantrag. Laut Niederschrift hatte jedoch der Vertreter des Patentinhabers erklärt, er werde alle übrigen Anträge zurücknehmen, sodass der in der mündlichen Verhandlung eingereichte Hilfsantrag VIII den Haupt- und auch den einzigen Antrag des Patentinhabers darstellte. Da kein Antrag auf Berichtigung der Niederschrift vorlag, ging die Kammer davon aus, dass die dortigen Aussagen den Status der Anträge des Patentinhabers exakt wiedergaben. Da die Entscheidung über diesen Antrag zugunsten des Patentinhabers ausfiel, war der Patentinhaber durch die Entscheidung folglich nicht beschwert.
2.4.2 Materielle Beschwerdeberechtigung (Artikel 107 EPÜ)
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
- T 646/20
- T 2277/19
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