4.12.9 Erforderlichkeit einer zusätzlichen Recherche
b) Merkmale aus der Beschreibung – Art. 13 (3) VOBK 2007
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In einigen Fällen wurden in Anträgen, die nach Anberaumung der mündlichen Verhandlung eingereicht wurden, Gegenstände aufgegriffen, die nur aus der Beschreibung hervorgingen. Dies führt direkt zu der Frage, ob diese Merkmale in der ursprünglichen Recherche berücksichtigt wurden oder ob eine zusätzliche Recherche notwendig ist. Es kann dann weder automatisch angenommen werden, dass diese Gegenstände bei der ursprünglichen Recherche behandelt wurden, noch dass automatisch der Einsprechende für die Durchführung einer solchen Recherche zuständig ist (T 1732/10, s. auch T 447/09, T 1273/11). So wurde u. a. in T 2482/10 und T 1650/12 die Frage aufgeworfen, ob es einem Einsprechenden obliegt, zu späten Änderungen, die der Beschreibung entnommen sind, eine Recherche durchzuführen, oder ob es Sache der Einspruchsabteilung ist, eine solche nach den Richtlininen durchzuführen. Wenn eine weitere Recherche für die Prüfung der Patentfähigkeit von Ansprüchen notwendig ist, die so spät anhand von Merkmalen aus der Beschreibung geändert wurden, dass entweder die mündliche Verhandlung vertagt oder die Sache zur weiteren Entscheidung an die erste Instanz zurückverwiesen werden müsste, dann wird Art. 13 (3) VOBK 2007 gemäß der ständigen Rechtsprechung der Beschwerdekammern so ausgelegt, dass diese Anträge unzulässig sind. Eine Zurückverweisung der Sache an die Einspruchsabteilung zur Durchführung einer solchen Recherche käme einer Verlegung der mündlichen Verhandlung gleich, die auch notwendig wäre, wenn der Einsprechende zu einer solchen Recherche verpflichtet wäre (s. auch T 1273/11, T 2575/11).
In T 1741/12 erklärte die Kammer, dass der Hilfsantrag schon im Einspruchsverfahren hätte eingereicht werden können und auch müssen, und nicht erst im Beschwerdeverfahren, denn er umfasste vollkommen neue, aus der Beschreibung übernommene Gegenstände. Ob dazu eine Recherche durchgeführt worden war, war folglich unklar. Auf der Grundlage dieses Antrags hätte die Kammer also selbst in dem hypothetischen Fall, dass der Gegenstand von Anspruch 1 gegenüber dem aktenkundigen Stand der Technik nicht naheliegend gewesen wäre, das Patent nicht in geändertem Umfang aufrechterhalten können, sondern hätte die Anlegenheit an die Einspruchsabteilung zurückverweisen müssen. Diese Situation entspricht der in T 881/09, wo die Kammer in Ausübung ihres Ermessens nach Art. 12 (4) VOBK 2007 entschieden hatte, den Hilfsantrag, der ein aus der Beschreibung übernommenes und wahrscheinlich nicht recherchiertes Merkmal umfasste, nicht zuzulassen.