9.8. Rücknahme der Beschwerde
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T 2044/16 × View decision
Einer Rückzahlung nach Regel 103(4)(c) EPÜ steht nicht entgegen, dass die Kammer bereits zu einem früheren Zeitpunkt einen ausführlicheren Vorbereitungsbescheid gemäß Artikel 15(1) VOBK 2020 erlassen hatte. Die Frist nach Regel 103(4)(c) EPÜ wird durch jede weitere vorbereitende Mitteilung der Kammer erneut ausgelöst, auch wenn diese im wesentlichen organisatorischen Inhalt hat und erst einen Monat vor der mündlichen Verhandlung ergeht. Die zum Rückzahlungstatbestand der Regel 103(2)(b) EPÜ (nun Regel 103(3)(b) EPÜ) in T 265/14 diskutierten Erwägungen sind auch auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar. Entscheidend ist der mit der Regelung beabsichtigte Arbeitszeitgewinn, der durch die auf die Mitteilung erklärte Antragsrücknahme und die dadurch ermöglichte effiziente Verfahrensbeendigung im schriftlichen Verfahren erreicht wird. (siehe Gründe, Ziffern 5 bis 5.6)
In T 683/14 hatte die Prüfungsabteilung die irrige Annahme vertreten, dass das am 1. August 2013 vorgelegte Dokument zur Vertraulichkeit nicht berücksichtigt werden könne, weil die sachliche Debatte beendet worden sei und in der mündlichen Verhandlung am 10. Dezember 2012 eine "Entscheidung" ergangen sei. Die Kammer stellte fest, dass die Prüfungsabteilung in zweierlei Hinsicht fehl ging. Erstens wurde die mündliche Verhandlung nicht mit einer formalen Entscheidung abgeschlossen, zweitens hätte die Debatte, selbst wenn sie formal beendet wurde, wieder eröffnet werden können. Die Kammer führte T 595/90 an: "Danach [nach Abschluss der sachlichen Debatte] eingehende Schriftsätze könnten nur berücksichtigt werden, wenn die Kammer die Debatte wieder eröffnen würde (Art. 113 EPÜ), was in ihrem Ermessen liegt." Die Kammer vertrat die Ansicht, dass dies analog auch für die erste Instanz des EPA gelte. Die Prüfungsabteilung habe einen Fehler gemacht, aber einen materiellrechtlichen und keinen (unabhängigen) verfahrensrechtlichen. Die verfahrensrechtlichen Konsequenzen seien ausschließlich aus der Umsetzung ihrer irrigen materiellrechtlichen Annahme entstanden. Nachdem der Anmelder Beschwerde gegen die Zurückweisungsentscheidung eingelegt hatte, berichtigte die Prüfungsabteilung ihre Entscheidung. Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 50 % nach R. 103 (2) EPÜ wurde mit der Begründung zurückgewiesen, dass die Prüfungsabteilung mit der Berichtigung die angefochtene Entscheidung aufgehoben und der Beschwerde stattgegeben habe. Der Antrag des Anmelders auf Zurücknahme seiner Beschwerde war somit gegenstandslos, und ohne eine anhängige Beschwerde, die zurückgenommen werden könnte, findet R. 103 (2) EPÜ keine Anwendung.
9.8. Rücknahme der Beschwerde
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |