7.5. Zurückverweisung bei neuem Vorbringen im Beschwerdeverfahren
7.5.3 Einseitiges Beschwerdeverfahren
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Auch im einseitigen Beschwerdeverfahren wird normalerweise an die erste Instanz zurückverwiesen, wenn ein Dokument erstmals im Beschwerdeverfahren vorgelegt und wegen seiner Relevanz zugelassen wird (vgl. z. B. T 28/81, T 837/91, T 389/94).
In T 648/12 führte die Kammer in einer Mitteilung eine neue Entgegenhaltung (D6) in das Verfahren ein, die archivierte Screenshots von der Website eines Herstellers enthielt. Aus D6 ging hervor, dass der tragbare Trainingsapparat vor dem frühesten für die Streitanmeldung beanspruchten Prioritätstag verkauft wurde (Trainingsapparat, der elektronische Übungsdateien benützt). D6 schien für die Beurteilung der Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit hoch relevant zu sein. Die Kammer verwies den Fall an die erstinstanzliche Abteilung zurück.
In T 991/01 hatte die Prüfungsabteilung dem Beschwerdeführer im Anschluss an eine mündliche Verhandlung vor der Prüfungsabteilung eine maschinelle Übersetzung einer japanischen Patentanmeldung geschickt, ohne eine Kopie in der Akte zu belassen, sodass die Beschwerdekammer nichts von deren Existenz wusste, bis der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer darauf Bezug nahm. Die Sache wurde zurückverwiesen.
Da die Bewertung der erfinderischen Tätigkeit zu einem großen Teil von der diesbezüglichen Offenbarung von D1 abhing, wurde die Sache zur erneuten Prüfung der erfinderischen Tätigkeit anhand einer beglaubigten Übersetzung von D1 an die Prüfungsabteilung zurückverwiesen (T 1343/12).
In T 104/15 beantragte der Beschwerdeführer, die Sache angesichts des neu eingeführten Dokuments D8 zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen. D8, das ursprünglich vom Beschwerdeführer stammte, wurde von der Kammer in Reaktion auf neue, mit der Beschwerdebegründung eingereichte Argumente eingeführt. Die Kammer beschloss, den Fall nicht zurückzuverweisen, und erklärte unter Verweis auf G 10/93 (ABl. 1995, 172), dass die Beschwerdekammern im Ex-parte-Verfahren (anders als im Inter-partes-Verfahren) weder auf die Überprüfung der Gründe der angefochtenen Entscheidung noch auf die dieser Entscheidung zugrunde liegenden Tatsachen und Beweismittel beschränkt sind. Die Kammer war auch ohne Zurückverweisung in der Lage, den technischen Inhalt der Ansprüche und das neu eingeführte Dokument aus dem Stand der Technik sinnvoll zu beurteilen und den Fall in der Sache zu behandeln.