3. Form der Entscheidung
Übersicht
T 1713/20 × View decision
The requirement in Rule 111(2) EPC of a decision being reasoned is not met if the decision merely contains statements that at best give rise to speculation about what the deciding body might have intended to express (Reasons, 1.3.3).
T 3071/19 × View decision
A decision open to appeal is not reasoned within the meaning of Rule 111(2) EPC if it does not enable the board of appeal to review its correctness. A decision should therefore not rely on evidence accessible only at a web page which is not guaranteed to remain accessible and unchanged. Rather, it should be ensured that a person inspecting the file can reliably access the cited evidence.
T 989/19 × View decision
Falls das Entscheidungsformblatt nicht die Unterschrift von allen Mitgliedern einer Prüfungsabteilung enthält, ist die Entscheidung der Prüfungsabteilung ungültig. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar.
T 899/17 × View decision
The reasons for the failure of auxiliary requests which were skipped in the discussion during the oral proceedings before the opposition division in favour of more promising lower-ranking auxiliary requests and which were explicitly not withdrawn by the patent-proprietor have to be set out in the written decision.
T 1787/16 × View decision
Die Entscheidungsbegründung gemäß R. 111(2) EPÜ muss zwar nicht alle Argumente der Parteien im Detail behandeln, doch muss zumindest auf die entscheidenden Streitpunkte eingegangen werden. Sie hat auf die maßgeblichen Tatsachen, Beweismittel und Argumente einzugehen und die logische Kette zu enthalten, die zur Bildung des abschließenden Urteils geführt hat. Für die Verfahren vor dem EPA gilt der Grundsatz der Einheitlichkeit der Verfahrenssprache. Für die schriftliche Ausfertigung der Entscheidung ist dabei ausschließlich die Verfahrenssprache zu verwenden. Nur die Entscheidung in einer einheitlichen Verfahrenssprache wird auch den Anforderungen der R. 111(2) EPÜ an die Entscheidungsbegründung gerecht. Gemäß Art. 125 EPÜ sind, soweit das EPÜ keine Vorschriften über das Verfahren enthält, die in den Vertragsstaaten der Europäischen Patentorganisation im Allgemeinen anerkannten Grundsätze des Verfahrensrechts heranzuziehen. Dies gilt insbesondere für den zugleich in Art. 6(1) EMRK exemplarisch zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgrundsatz des fairen Verfahrens, der als allgemeine Richtschnur für die Verfahrensgestaltung dient. Dazu zählt auch das Gebot, die Entscheidung so abzufassen, dass sie von einer der Verfahrenssprache mächtigen Partei verstanden werden kann.
In T 989/19 stellte die Kammer fest, dass die Entscheidung der Prüfungsabteilung ungültig ist, wenn das Entscheidungsformblatt nicht die Unterschrift aller Mitglieder der Abteilung enthält. Dies stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Nach R. 113 (1) EPÜ sind Entscheidungen des EPA mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Bediensteten zu versehen. Da ferner Art. 18 (2) EPÜ vorschreibt, dass sich eine Prüfungsabteilung aus drei Prüfern zusammensetzt, sind auch die entsprechenden Unterschriften von allen drei Prüfern erforderlich (s. auch Richtlinien, E-X, 1.3 – Stand November 2018). Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer das Fehlen der Unterschrift des zweiten Prüfers zwar nicht geltend gemacht, die Kammer ermittelte dies jedoch von Amts wegen. Laut ständiger Rechtsprechung der Beschwerdekammern ist das Erfordernis der R. 113 (1) EPÜ, wonach Entscheidungen des EPA mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Bediensteten zu versehen sind, keine reine Formsache, sondern ein wesentlicher Verfahrensschritt im erstinstanzlichen Entscheidungsprozess. Name und Unterschrift dienen nämlich dazu, die Verfasser der Entscheidung auszuweisen und zu belegen, dass diese für den Inhalt vorbehaltlos die Verantwortung übernehmen. Dieses Erfordernis soll Willkür und Missbrauch verhindern und nachprüfbar machen, dass das zuständige Organ tatsächlich die Entscheidung getroffen hat. Damit verkörpert es rechtsstaatliche Prinzipien, deren Verletzung einen wesentlichen Verfahrensfehler darstellt und die schriftliche Entscheidung rechtsunwirksam macht (s. J 16/17 und T 390/86, ABl. 1989, 30).
In J 16/17 befand die Kammer, dass das Erfordernis der R. 113 (1) EPÜ, wonach Entscheidungen des Europäischen Patentamts mit der Unterschrift und dem Namen des zuständigen Bediensteten zu versehen sind, keine reine Formsache ist, sondern ein wesentlicher Verfahrensschritt im Entscheidungsprozess. Name und Unterschrift dienen dazu, die Verfasser der Entscheidung auszuweisen und auszudrücken, dass diese für den Inhalt vorbehaltlos die Verantwortung übernehmen. Dieses Erfordernis soll Willkür und Missbrauch verhindern und nachprüfbar machen, dass das zuständige Organ die Entscheidung getroffen hat. Damit verkörpert es rechtsstaatliche Prinzipien.
In T 655/13 befand die Kammer Folgendes: Damit die Prüfungsabteilung ihre auf eine maßgebliche Entgegenhaltung in einer Nichtamtssprache gestützte Begründung für die Kammer verständlich machen kann, muss sie die im Prüfungsverfahren hinzugezogene Übersetzung zumindest der relevanten Abschnitte des Dokuments (oder sogar des gesamten Dokuments, wenn dies für das allgemeine Verständnis erforderlich ist) in einer Amtssprache des EPA zur Verfügung stellen. Andernfalls ist die Kammer nicht in der Lage, die Entscheidungsbegründung zu überprüfen und in bestimmten Fällen zu beurteilen, ob die Entscheidung begründet ist oder nicht, was einen Verstoß gegen das Rechtserfordernis begründeter Entscheidungen nach R. 111 (2) EPÜ darstellt.
3. Form der Entscheidung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
R. 111 EPÜ regelt die Form der Entscheidungen des Europäischen Patentamts. Zunächst ist zu klären, wann überhaupt eine "Entscheidung" vorliegt, und sie z. B. von Mitteilungen und Bescheiden abzugrenzen (s. dieses Kapitel III.K.3.1.). Entscheidungen sind schriftlich abzufassen – auch dann, wenn sie bereits in einer mündlichen Verhandlung verkündet wurden – und mit einem Hinweis darüber zu versehen, dass gegen die Entscheidung die Beschwerde statthaft ist (s. dieses Kapitel III.K.3.2.). R. 113 EPÜ legt zusätzlich ein Unterschriftserfordernis – bei computergenerierten Entscheidungen per Dienstsiegel – fest (s. dieses Kapitel III.K.3.3.). Für beschwerdefähige Entscheidungen besteht nach R. 111 (2) EPÜ eine Begründungspflicht (s. dieses Kapitel III.K.3.4.). Entscheidungen sind des weiteren den Beteiligten zuzustellen (s. Kapitel III.S.).
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- T 989/19
- T 899/17
- T 1787/16
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