7.7. Zurückverweisung nach einem wesentlichen Mangel
7.7.1 Rechtsgrundlage
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Nach Art. 11 VOBK 2007 muss eine Sache an die erste Instanz zurückverwiesen werden, wenn das erstinstanzliche Verfahren wesentliche Mängel aufweist, es sei denn, es sprechen besondere Gründe gegen die Zurückverweisung. Aus dieser Bestimmung ergibt sich damit im Falle des Vorliegens eines wesentlichen Verfahrensmangels die Zurückverweisung der Angelegenheit als Regelfall, von dem im Falle von besonderen Gründen abgesehen werden kann. Ob solche durch den Terminus "besondere" qualifizierten Gründe tatsächlich vorliegen und anerkannt werden können, obliegt der Beurteilung seitens der Kammer, die insoweit eine Ermessensentscheidung darüber trifft, ob sie anstelle der Zurückverweisung selbst abschließend über die Angelegenheit entscheidet (T 1805/14).
Somit liegt es im Ermessen der Kammer, eine Sache auch bei Vorliegen solch wesentlicher Mängel zurückzuverweisen, wenn besondere Gründe dafür vorliegen. Die Kammern können dabei den Stand des Verfahrens, die besonderen Umstände des Verfahrenverstoßes sowie die Interessen der Beteiligten und der Öffentlichkeit an einer abschließenden Entscheidung einerseits und die Interessen der Einsprechenden an einer detaillierten Erörterung des Falls in zwei Instanzen andererseits berücksichtigen (T 1647/15). Der Verstoß gegen grundlegende Prinzipien wie rechtliches Gehör, Recht auf eine begründete Entscheidung oder Recht auf mündliche Verhandlung gilt als wesentlicher Mangel im erstinstanzlichen Verfahren, der die Rückzahlung der Beschwerdegebühr und in der Regel die Zurückverweisung an die erste Instanz rechtfertigt (T 996/09).