2.4. Berücksichtigung des Vorbringens der Beteiligten, Ausführungen und Beweismittel
T 448/16 × View decision
see Reasons 9
In T 448/16 hatte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) eine Rüge nach R. 106 EPÜ erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Kammer ihm hätte mitteilen müssen, welche Merkmale in den verschiedenen Fassungen der Hilfsanträge jeweils fehlten. Dann hätte er entweder geeignete Argumente zugunsten existierender Anträge vorbringen oder einen neuen Antrag formulieren können, mit dem sich das Problem der unzulässigen Erweiterung hätte beseitigen lassen. Die Kammer wandte die ständige Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer an. Hätte sie, nachdem die Angelegenheit ausgiebig mit den Parteien erörtert worden war, dem Beschwerdeführer genau mitgeteilt, welche besonderen Merkmale in Anspruch 1 in einer beliebigen Fassung fehlten, sodass der Beschwerdeführer (Patentinhaber) geeignete Gegenargumente formulieren oder einen zweckmäßig angepassten weiteren Antrag hätte einreichen können, so hätte dies die Sache des Beschwerdeführers zum Nachteil der Beschwerdegegner (Einsprechenden) begünstigt. Die Kammer befand, dass ein solches Vorgehen die Neutralitätspflicht verletzt hätte, weshalb es ihr untersagt sei, so zu handeln. Folglich wies sie die Rüge des Beschwerdeführers zurück und befand, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt war.
2.4.3 Keine Verpflichtung, jedes einzelne Argument aufzugreifen
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Sofern die angeführten Gründe es den Beteiligten erlauben, nachzuvollziehen, ob die Entscheidung gerechtfertigt ist oder nicht, ist das entscheidende Organ nicht verpflichtet, jedes einzelne Argument eines Beteiligten aufzugreifen (s. Kapitel V.B.4.3.10 "Würdigung der Argumente der Parteien in der schriftlichen Entscheidung"; s. auch T 1898/11, T 1557/07 zitiert in T 1969/07, T 698/10, T 1199/10 und T 1961/13). Im Übrigen hat ein Beteiligter kein absolutes Recht auf Gehör zu jedem einzelnen seiner Hilfsanträge (s. auch Kapitel V.B.4.3.12 "Kein Anspruch auf gesonderte Anhörung zu allen Anträgen").