9.3. Beschwerde, die als nicht eingelegt gilt, oder unzulässige Beschwerde
9.3.1 Beschwerde gilt aufgrund der verspäteten Zahlung der Beschwerdegebühr als nicht eingelegt
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In J 16/82 (ABl. 1983, 262) stellte die Kammer Folgendes fest: Gilt eine Beschwerde gemäß Art. 108 Satz 2 EPÜ 1973 deswegen als nicht eingelegt, weil die Beschwerdegebühr erst nach Ablauf der Beschwerdefrist entrichtet wurde, so kann der mit der Zahlung der Gebühr verfolgte Zweck nicht mehr erreicht werden. Die Beschwerdegebühr ist daher zurückzuzahlen, ohne dass es einer besonderen Anordnung der Beschwerdekammer bedarf (s. auch T 324/90, ABl. 1993, 33; T 239/92; T 1954/13). In den Rechtssachen T 79/01, T 1289/10, T 1535/10 und T 2210/10, in denen die Beschwerdegebühr ebenfalls verspätet entrichtet worden war, wurde jedoch keine Rückzahlung der Beschwerdegebühr angeordnet (s. T 1553/13 date: 2014-02-20, ABl. 2014, A84). S. auch dieses Kapitel V.A.9.3.7.
In J 18/12 entschied die Juristische Beschwerdekammer, dass die endgültige materiellrechtliche Nichtexistenz einer Patentanmeldung nicht bedeutet, dass das Beschwerdefahren nicht existiert (im Gegensatz zur Rechtsfiktion der Nichtexistenz, wenn eine Beschwerde als nicht einlegt gilt). Diese Situation trat in Verfahren vor dem EPA bereits häufig auf, z. B. wenn eine Entscheidung der Eingangsstelle angefochten wurde, keinen Anmeldetag zuzuerkennen.
In T 1325/15 befasste sich die Kammer mit der Frage, ob eine Beschwerde unzulässig ist oder als nicht eingelegt gilt, wenn die Einlegung der Beschwerde und die Zahlung der Beschwerdegebühr nach Ablauf der Beschwerdefrist erfolgen (s. auch T 2017/12, ABl. 2014, A76 und T 1553/13 date: 2014-02-20, ABl. 2014, A84). Grund, von dem bewährten Ansatz abzuweichen, wonach eine nicht fristgerecht eingelegte Beschwerde als nicht eingelegt gilt. Die Kammer hielt es zwar nicht für abwegig, R. 101 (1) EPÜ dahin gehend auszulegen, dass eine verspätet eingelegte Beschwerde zu einer unzulässigen Beschwerde führt, befand jedoch angesichts der allgemeinen Regel, wonach kein Unterschied zwischen der verspäteten Einreichung und der unterlassenen Einreichung eines Dokuments gemacht wird, dass keine Beschwerde vorliegt, wenn die Beschwerde nicht rechtzeitig eingereicht wird (oder als nicht rechtzeitig eingereicht gilt). Der von ihr verfolgte Ansatz werde in der Rechtsprechung der Beschwerdekammern zwar nicht immer konsequent angewandt, entspreche aber der Argumentation früherer Entscheidungen, wonach eine Beschwerde als nicht eingelegt gilt, wenn zwar die Beschwerdegebühr fristgerecht entrichtet, aber die Beschwerde erst nach Ablauf der Zweimonatsfrist gemäß Art. 108 EPÜ eingelegt wurde (s. insbesondere J 19/90, T 445/98, T 778/00, ABl. 2001, 554).