T 66/18 × View decision
Siehe Entscheidungsgründe 4
1. Grundsatz der Kostentragung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Art. 104 (1) EPÜ sieht vor, dass im Einspruchsverfahren jeder Beteiligte die ihm erwachsenen Kosten grundsätzlich selbst trägt. Die Einspruchsabteilung oder die Beschwerdekammer können allerdings eine anderweitige Verteilung der durch eine mündliche Verhandlung oder eine Beweisaufnahme verursachten Kosten anordnen, wenn und soweit dies der Billigkeit entspricht. Einschlägig für das Beschwerdeverfahren ist auch Art. 16 (1) VOBK (2007), der vorbehaltlich Art. 104 (1) EPÜ die Anordnung einer anderweitigen Kostenverteilung durch die Kammer vorsieht. Art. 16 (1) VOBK (2007) nennt in diesem Zusammenhang beispielsweise Fälle, in denen Kosten entstanden sind durch a) Änderungen gemäß Art. 13 VOBK (2007) am Vorbringen eines Beteiligten gemäß Art. 12 (1) VOBK (2007); b) Fristverlängerung; c) Handlungen oder Unterlas-sungen, die die rechtzeitige und effiziente Durchführung der mündlichen Verhandlung beeinträchtigen; d) Nichtbeachtung einer Anweisung der Kammer; e) Verfahrensmissbrauch.
In T 133/06 fügte die Kammer hinzu, dass Art. 104 EPÜ zu den Verfahrensvorschriften gehört. Es gelte deshalb der allgemeine Rechtsgrundsatz, dass neues Verfahrensrecht sofort, aber nicht rückwirkend anwendbar ist, sofern nichts anderes vorgesehen ist. Deshalb muss die Kammer bei der Entscheidung, ob der neue Art. 104 EPÜ in einem unter der Geltung des EPÜ 1973 eingeleiteten Beschwerdeverfahren anwendbar ist, neben der Tatsache, dass der neue Art. 104 EPÜ den Übergangsbestimmungen zufolge (s. Beschluss des Verwaltungsrats vom 28. Juni 2001, ABl. SA 1/2007, 197) auf bereits erteilte Patente Anwendung findet, auch den Zeitpunkt des Ereignisses berücksichtigen, das die Anwendung dieses Artikels nach sich zieht. Nur so kann die neue Verfahrensvorschrift sofort zur Anwendung gebracht werden, ohne ihr Rückwirkung zu verleihen.
Laut den Beschwerdekammern bezieht sich der Begriff "Beweisaufnahme in Art. 104 (1) EPÜ 1973 – der aber in Art. 104 EPÜ nicht mehr verwendet wird – ganz allgemein auf die Entgegennahme von Beweismitteln durch die Einspruchsabteilung oder die Beschwerdekammer (T 117/86, ABl. 1989, 401; T 101/87, T 416/87, T 323/89, ABl. 1992, 169; T 596/89, T 719/93, in der auf Art. 117 EPÜ 1973 verwiesen wird).