5. Besorgnis der Befangenheit von Mitgliedern der Beschwerdekammern
Übersicht
In der in R 3/16 angefochtenen Entscheidung hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass sobald ein Einwand nach Art. 24 (3) EPÜ erhoben wurde, das abgelehnte Mitglied nicht mehr in irgendeiner Weise an der Entscheidung mitwirken könne, sei es in Bezug auf die Zulässigkeit oder die Begründetheit des Einwands. Wie die Große Beschwerdekammer feststellte, sieht Art. 112a (2) a) EPÜ die Situation vor, dass ein Mitglied der Kammer trotz einer Ausschlussentscheidung nach Art. 24 (4) EPÜ oder unter Verstoß gegen Art. 24 (1) EPÜ an einer Entscheidung mitgewirkt hat. Beides traf im vorliegenden Fall nicht zu, denn die Mitglieder waren weder ausgeschlossen worden noch wurde ein persönliches Interesse behauptet. Daher gelangte die Große Beschwerdekammer durch bloße Anwendung der in ihrer ständigen Rechtsprechung zu Art. 112a EPÜ entwickelten Grundsätze zu folgendem Schluss: wenn die angebliche Rechtswidrigkeit der Zusammensetzung nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder die Nichtbeachtung eines Antrags zurückgeht, liegt dieser Grund (Ablehnung nach Art. 24 (3) EPÜ) offenbar außerhalb des Umfangs, worauf eine Überprüfung gestützt werden kann, zumal er in Art. 112a EPÜ nicht aufgelistet ist. Der Antragsteller behauptete, dass allgemein anerkannt sei, dass ein Beteiligter nicht verpflichtet sei, vor einem rechtswidrigen Gericht zu erscheinen; dies könne im Gegenteil sogar schädlich sein, da der Anspruch auf rechtliches Gehör vor einem solchen Gericht nicht angemessen gewährleistet werden könne, was die Frage aufwerfe, ob ein Beschwerdeverfahren vor einer rechtswidrig zusammengesetzten Kammer an sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Diese Frage blieb jedoch offen, da die Große Beschwerdekammer nicht zu dem Schluss kam, dass die Kammer das Verfahren nach Art. 24 (4) EPÜ tatsächlich ignoriert hatte. Bezüglich der Tatsache, dass der Antragsteller den ersten Bescheid falsch verstanden hat, hielt die Große Beschwerdekammer fest, dass der Antragsteller selbst dafür verantwortlich sei, wenn er einer mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt habe, auf der die angebliche Missverständlichkeit eines Bescheids hätte ausgeräumt werden können. Es stehe einem Antragsteller frei, einer mündlichen Verhandlung fernzubleiben, doch treffe er diese Entscheidung auf eigene Gefahr, da eine Kammer nicht verpflichtet ist, eine mündliche Verhandlung aufzuschieben, nur weil ein Beteiligter nicht anwesend ist, vorausgesetzt, sie stützt ihre Entscheidung auf die schriftlichen Tatsachen und Argumente (R. 115 EPÜ und Art. 15 (3) VOBK 2007).
5. Besorgnis der Befangenheit von Mitgliedern der Beschwerdekammern
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
- Rechtsprechung 2019