2. Rechtliches Gehör nach Artikel 113 (1) EPÜ
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T 1599/18 × View decision
Lack of novelty (see point 14): there is no need that a prior art document explicitly mentions the claimed features. It is necessary and sufficient that an embodiment falling under the claim scope be directly and unambiguously derivable from the prior art document. That an alternative exists does not change this: it is possible that multiple alternatives can be considered directly und unambiguously derivable, even when none is explicitly mentioned. Right to be heard (see points 18 and 29): the right to be heard does not entail a right to an amendment, but a right to present comments on why a specific request should be admitted to the proceedings.
T 1414/18 × View decision
(1) As to unity of invention under Article 82 EPC, only if the application relates to more than one "invention", the notion of "a single general inventive concept" under Article 82 EPC and the concept of the "same or corresponding special technical features" under Rule 44(1) EPC have to be assessed for the purpose of deciding upon unity of invention (see Reasons, point 1). (2) As to a refund of further search fees under Rule 64(2) EPC, the decision to refuse a patent application may be understood to implicitly contain the decision to refuse the refund of a further search fee, if the examining division's intent is clear (see Reasons, point 4). (3) A statement such as "the next procedural step will be summons to oral proceedings during which the application will be refused" made prior to a final decision to refuse a patent application may infringe a party's right to be heard and thus may lead to a substantial procedural violation (see Reasons, point 5).
In T 1414/18 befand die Kammer, dass eine vor der endgültigen Entscheidung über die Zurückweisung einer Patentanmeldung abgegebene Erklärung wie "der nächste Verfahrensschritt ist die Ladung zur mündlichen Verhandlung, in der die Anmeldung zurückgewiesen wird", den Anspruch eines Beteiligten auf rechtliches Gehör verletzen und so zu einem wesentlichen Verfahrensmangel führen kann. Die Formulierung "[wird] zurückgewiesen" impliziere - auf objektiver Basis -, dass die Anmeldung letztendlich gemäß Art. 97 (2) EPÜ zurückzuweisen sei, ungeachtet etwaiger Tatsachen oder Argumente, die der Anmelder möglicherweise noch hätte vorbringen können. Eine solche Verfahrensführung widerspreche dem Ziel und Zweck des rechtlichen Gehörs gemäß Art. 113 (1) EPÜ. Danach dürfen Entscheidungen von EPA-Organen, z. B die Entscheidung einer Prüfungsabteilung, eine Patentanmeldung letztendlich zurückzuweisen, nur auf Gründe gestützt werden, zu denen sich ein Beteiligter auch äußern konnte. Die Kammer sah einen Kausalzusammenhang zwischen dem oben beschriebenen wesentlichen Verfahrensmangel und der Notwendigkeit, gegen die Entscheidung der Prüfungsabteilung Beschwerde einzulegen, und befand, dass die Rückzahlung der Beschwerdegebühr der Billigkeit entspreche. Sie ordnete an, die Angelegenheit zur weiteren Entscheidung an die Prüfungsabteilung zurückzuverweisen (Art. 111 (1) EPÜ).
In T 655/13 entschied die Kammer, die Prüfungsabteilung müsse eine Übersetzung zumindest der ihrer Argumentation zugrunde liegenden längeren Passage aus D1 vorlegen oder diese Passage so eindeutig wie möglich angeben, damit die Beschwerdeführer (und ggf. die Kammer) nachvollziehen und überprüfen können, ob die Prüfungsabteilung ihre Eingaben berücksichtigt und somit ihr rechtliches Gehör gewahrt hat.
In T 448/16 hatte der Beschwerdeführer (Patentinhaber) eine Rüge nach R. 106 EPÜ erhoben und im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Kammer ihm hätte mitteilen müssen, welche Merkmale in den verschiedenen Fassungen der Hilfsanträge jeweils fehlten. Dann hätte er entweder geeignete Argumente zugunsten existierender Anträge vorbringen oder einen neuen Antrag formulieren können, mit dem sich das Problem der unzulässigen Erweiterung hätte beseitigen lassen. Die Kammer wandte die ständige Rechtsprechung der Großen Beschwerdekammer an. Hätte sie, nachdem die Angelegenheit ausgiebig mit den Parteien erörtert worden war, dem Beschwerdeführer genau mitgeteilt, welche besonderen Merkmale in Anspruch 1 in einer beliebigen Fassung fehlten, sodass der Beschwerdeführer (Patentinhaber) geeignete Gegenargumente formulieren oder einen zweckmäßig angepassten weiteren Antrag hätte einreichen können, so hätte dies die Sache des Beschwerdeführers zum Nachteil der Beschwerdegegner (Einsprechenden) begünstigt. Die Kammer befand, dass ein solches Vorgehen die Neutralitätspflicht verletzt hätte, weshalb es ihr untersagt sei, so zu handeln. Folglich wies sie die Rüge des Beschwerdeführers zurück und befand, dass sein Anspruch auf rechtliches Gehör nicht verletzt war.
2. Rechtliches Gehör nach Artikel 113 (1) EPÜ
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
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