9.8. Chemische Erfindungen
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The fact that the skilled person is taught in the prior art to investigate polymorphs in order to isolate the crystalline form having the most desirable properties is in itself not necessarily sufficient to consider a specific polymorphic form having a certain desired property obvious (see point 4.3.4 of the Reasons).
9.8.5 Vorhersehbare Verbesserungen durch kristalline Formen gegenüber amorphen Formen
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 777/08 (ABl. 2011, 633) bezogen sich die fraglichen Ansprüche auf ein besonderes Polymorph (Form IV) von kristallinem Atorvastatinhydrat. Nach Ansicht der Kammer stellte die amorphe Form von Atorvastatin, die man anhand der in den Dokumenten (1) und (2) beschriebenen Verfahren erhält, den nächstliegenden Stand der Technik dar. Der Beschwerdeführer definierte die gegenüber diesem Stand der Technik zu lösende Aufgabe als die Bereitstellung von Atorvastatin in einer Form mit verbesserten Filtrations- und Trocknungseigenschaften. Angesichts der Versuchsergebnisse in Dokument (25), wonach Form IV kürzere Filtrations- und Trocknungszeiten hat als die amorphe Form, hielt es die Kammer für erwiesen, dass die Aufgabe gelöst wurde. Weiterhin führte die Kammer aus, dass der Fachmann auf dem Gebiet der Arzneimittelentwicklung gewusst hätte, dass Polymorphie ein verbreitetes Phänomen bei Molekülen ist, die für die pharmazeutische Industrie interessant sind, und dass es sich empfiehlt, schon in einer frühen Phase der Arzneimittelentwicklung nach Polymorphen zu suchen. Mit den entsprechenden Routineverfahren hierfür wäre er vertraut gewesen. Die bloße Bereitstellung einer kristallinen Form einer bekannten pharmazeutisch wirksamen Verbindung konnte daher nicht als erfinderisch angesehen werden, sofern kein technisches Vorurteil zu überwinden war und keine unerwartete Eigenschaft vorlag.
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