1. Grundlegende Prinzipien
G 2/19 × View decision
1. Ein Dritter im Sinne von Artikel 115 EPÜ, der gegen die Entscheidung über die Erteilung eines europäischen Patents Beschwerde eingelegt hat, hat keinen Anspruch darauf, dass vor einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes mündlich über sein Begehren verhandelt wird, zur Beseitigung vermeintlich undeutlicher Patentansprüche (Artikel 84 EPÜ) des europäischen Patents den erneuten Eintritt in das Prüfungsverfahren anzuordnen. Eine solchermaßen eingelegte Beschwerde entfaltet keine aufschiebende Wirkung.
2. Mündliche Verhandlungen der Beschwerdekammern an deren Standort in Haar verstoßen nicht gegen die Artikel 113 (1) und 116 (1) EPÜ.
1.4. Prüfung auf Klarheit im Einspruchsverfahren
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Art. 84 EPÜ ist kein Einspruchsgrund. Werden im Einspruchsverfahren an einem Patent sachliche Änderungen vorgenommen, so muss jedoch geprüft werden, ob es dadurch zu einem Verstoß gegen ein Erfordernis des EPÜ einschließlich des Art. 84 EPÜ kommt (T 301/87, ABl. 1990, 335). In G 3/14 (angewandt u. a. in T 1977/13, T 1905/13, T 565/11, T 248/13, T 1287/14, T 2311/15, T 2321/15) analysierte die Große Beschwerdekammer, ob und, wenn ja, inwieweit die Erfordernisse des Art. 84 EPÜ im Einspruchs- und Einspruchsbeschwerdeverfahren geprüft werden können, insbesondere wenn der geänderte Anspruch eine bloße Kombination aus einem erteilten unabhängigen Anspruch und erteilten abhängigen Ansprüchen bzw. Elementen dieser Ansprüche ist. Die Große Beschwerdekammer schloss sich T 301/87 an und entschied, dass die Ansprüche für die Zwecke des Art. 101 (3) EPÜ nur auf die Erfordernisse des Art. 84 EPÜ geprüft werden können, sofern – und dann auch nur soweit – diese Änderung einen Verstoß gegen Art. 84 EPÜ herbeiführt (s. Kapitel IV.C.5.2.2 "Umfang der Befugnis zur Prüfung geänderter Ansprüche auf ihre Vereinbarkeit mit Artikel 84 EPÜ").