4.2. Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung und Diagnostizierverfahren
4.2.2 Einheitlicher Ansatz: Beteiligung eines Mediziners nicht notwendig
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In G 1/04 (ABl. 2006, 334) stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass die Frage, ob ein Verfahren ein Diagnostizierverfahren ist, weder von der Beteiligung eines Human- oder Veterinärmediziners abhängig sein kann noch davon, dass alle Verfahrensschritte auch oder nur von medizinischem oder technischem Hilfspersonal, dem Patienten selbst oder einem automatisierten System vorgenommen werden können. Die Große Beschwerdekammer betonte, wie schwierig, wenn nicht gar unmöglich es ist, auf europäischer Ebene im Rahmen des EPÜ zu definieren, wer als Mediziner anzusehen ist. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte das europäische Patenterteilungsverfahren nicht davon abhängig gemacht werden, ob solche Mediziner an einem Verfahren beteiligt sind (s. auch dieses Kapitel I.B.4.5.1 b)).
In G 1/07 (zu Verfahren zur chirurgischen Behandlung) bestätigte die Große Beschwerdekammer unter Bezugnahme auf G 1/04, dass die Frage, ob ein Verfahren nach Art. 53 c) EPÜ von der Patentierbarkeit auszuschließen ist, nicht davon abhängen darf, wer dieses Verfahren ausführt. Sie befand, dass die Feststellungen in G 1/04 sich zwar auf Diagnostizierverfahren bezogen, aber ganz allgemein das Patentierungsverbot nach Art. 52 (4) EPÜ 1973 betrafen und daher auch auf die anderen im neuen Art. 53 c) EPÜ enthaltenen Ausschlussbedingungen anwendbar sind.