4.5. Kriterien für die Ermessensausübung
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T 1525/17 × View decision
Nichtzulassung und Nichtberücksichtigung verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel sind Synonyme. Es ist daher in sich widersprüchlich, verspätet eingereichte Dokumente einerseits bei einer eingehenden Prüfung der Patentierbarkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen, damit also in der Sache zu berücksichtigen, und andererseits zu erklären, diese würden nicht in das Verfahren zugelassen (Gründe, Punkt 4).
In T 1525/17 war die Einspruchsabteilung der Auffassung, dass der Gegenstand des Anspruchs 1 in der erteilten Fassung u. a. erfinderisch gegenüber E1 und E2 in Kombination mit E3, E4, E5 oder E6 sei. Die Einspruchsabteilung ließ aber die verspätet eingereichten Entgegenhaltungen E5 und E6 nicht zu, weil sich die Entscheidung durch deren Berücksichtigung nicht ändern würde. Die Kammer führte aus, dass die Entscheidung, bestimmte verspätete Tatsachen oder Beweismittel nicht zu berücksichtigen, auch als deren Nichtzulassung bezeichnet wird. Nichtzulassung und Nichtberücksichtigung verspätet vorgebrachter Tatsachen und Beweismittel sind Synonyme. Die Kammer wies darauf hin, dass es in sich widersprüchlich ist, verspätet eingereichte Dokumente einerseits bei einer eingehenden Prüfung der Patentierbarkeitsvoraussetzungen zugrunde zu legen, damit also in der Sache zu berücksichtigen, und andererseits zu erklären, diese würden nicht zum Verfahren zugelassen, wie die Einspruchsabteilung dies vorliegend getan hatte: Die eingehende Sachprüfung der erfinderischen Tätigkeit berücksichtigte die Dokumente E5 und E6 unter allen Gesichtspunkten. Der Umstand, dass eine Prüfung in der Sache stattgefunden hat, führt regelmäßig dazu, dass diese auch im Beschwerdeverfahren von der Kammer vollumfänglich überprüfbar ist bzw. dass der Kammer jedenfalls eine Nichtzulassung nach Art. 12 (4) VOBK 2007 verwehrt ist, die sich auf den Umstand einer vermeintlichen, in Wahrheit aber im Selbstwiderspruch stehenden und daher ermessensfehlerhaften Nichtzulassung durch die Vorinstanz stützt (s. T 2324/14 und T 2026/15).
4.5. Kriterien für die Ermessensausübung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |