3. Rechtsstellung des Dritten
G 2/19 × View decision
1. Ein Dritter im Sinne von Artikel 115 EPÜ, der gegen die Entscheidung über die Erteilung eines europäischen Patents Beschwerde eingelegt hat, hat keinen Anspruch darauf, dass vor einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamtes mündlich über sein Begehren verhandelt wird, zur Beseitigung vermeintlich undeutlicher Patentansprüche (Artikel 84 EPÜ) des europäischen Patents den erneuten Eintritt in das Prüfungsverfahren anzuordnen. Eine solchermaßen eingelegte Beschwerde entfaltet keine aufschiebende Wirkung.
2. Mündliche Verhandlungen der Beschwerdekammern an deren Standort in Haar verstoßen nicht gegen die Artikel 113 (1) und 116 (1) EPÜ.
3.2. Verfahrensrechte des Dritten
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In Art. 115 EPÜ Satz 2 EPÜ ist ausdrücklich festgelegt, dass ein Dritter nicht Verfahrensbeteiligter wird. Grundsätzlich stehen dem Dritten aufgrund seiner Stellung keine Verfahrensrechte eines am Verfahren Beteiligten zu, wie insbesondere das Recht zur Beschwerde und den Anspruch auf rechtliches Gehör (T 1756/11). Die vorgebrachten Angaben sind so zu prüfen, wie sie vorgetragen werden, und auf ihre Überzeugungskraft zu untersuchen (T 951/93, T 1196/08).
In der Entscheidung T 951/91 befand die Kammer, dass bei Auslegung des Art. 115 EPÜ 1973 im Lichte seines Zieles und Zweckes klar werde, dass er ausschließlich der Einschränkung, nicht aber der Ausweitung der Rechte Dritter und schon gar nicht der Ausweitung ihrer Rechte über die Rechte der an Verfahren vor dem EPA Beteiligten hinaus dienen solle (s. auch T 1756/11, T 1528/13).
Nach T 390/07 liegt es vollständig im Ermessen der Kammer, Einwendungen Dritter zuzulassen, da Dritte im Sinne des Art. 115 EPÜ keine Verfahrensbeteiligten sind und ihnen somit lediglich die Gelegenheit gegeben wird, "Einwendungen zu erheben". Zwar können Einwendungen Dritter nach der ständigen Rechtsprechung sowohl in der ersten Instanz als auch in der Beschwerde geprüft werden, eine darüber hinausgehende Verpflichtung für die Kammer besteht jedoch nicht, und Dritte haben keinen Anspruch darauf, in der Frage gehört zu werden, ob ihre Einwendungen oder die zur Stützung beigebrachten Beweise zulässig sind. Was die tatsächlichen Verfahrensbeteiligten betrifft, so haben diese natürlich das Recht, zu Einwendungen gehört zu werden. Über die Zulässigkeit von Einwendungen Dritter hat deshalb allein die Kammer zu befinden. Ein Verfahrensbeteiligter kann zu neuen Tatsachen und Beweismitteln aus Einwendungen Dritter, welche nach Ablauf der Einspruchsfrist eingereicht wurden, jederzeit Stellung nehmen, wenn diese aus Sicht des Beteiligten entscheidungserheblich sein könnten. Es hat dann sowohl zur Zulassung, als auch zur Nichtzulassung der verspäteten Stellungnahme ins Verfahren eine Ermessensentscheidung der Einspruchsabteilung bzw. Beschwerdekammer zu ergehen (T 1756/11).
In der Entscheidung T 283/02 hatte die Einspruchsabteilung die Einwendungen Dritter dem Patentinhaber ordnungsgemäß übermittelt, der keine Bemerkungen dazu machte. Dass die Einspruchsabteilung diese Einwendungen in ihrer Entscheidung nicht erwähnte, stellte keinen Verfahrensmangel dar, obwohl eine Erwähnung wünschenswert gewesen wäre.
- G 2/19