1.2. Anwendung der Auslegungsregeln
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1.2. Anwendung der Auslegungsregeln
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In den verbundenen Verfahren G 2/12 und G 2/13 (ABl. 2016, A27 und ABl. 2016, A28) musste der Begriff "im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen" in Art. 53 b) EPÜ gemäß den allgemeinen Auslegungsregeln ausgelegt werden. Die Große Beschwerdekammer stellte fest, dass nach der ständigen Rechtsprechung bei der Auslegung des EPÜ die in den Art. 31 und 32 des Wiener Übereinkommens enthaltenen Auslegungsgrundsätze anzuwenden sind. Die entsprechende Analyse erfolgte mittels einer methodischen Auslegung des Art. 53 b) EPÜ, und zwar in erster Linie in Bezug auf seinen Wortlaut und in zweiter Linie unter Berücksichtigung der gesetzgeberischen Absicht sowie der Aspekte einer systematischen und historischen Auslegung. Sie wandte insbesondere die verschiedenen methodischen Auslegungsprinzipien an, darunter die grammatische, die systematische und die teleologische Auslegung sowie ergänzende Auslegungsmittel, vor allem die vorbereitenden Arbeiten. Keines dieser Auslegungsprinzipien führte die Große Beschwerdekammer zu dem Schluss, dass sich der Begriff "im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen" über die Verfahren hinaus auch auf Erzeugnisse erstreckt, die durch solche Verfahren definiert oder hergestellt werden. Dieses Ergebnis fand sich bestätigt, als die vorbereitenden Arbeiten zum EPÜ als ergänzendes Auslegungsmittel herangezogen wurden.
Auf die ergänzenden Auslegungsmittel wurde bereits vorstehend eingegangen (s. dieses Kapitel III.H.1.1.2). Weitere Argumente und die Rechtsprechung, auf die die Große Beschwerdekammer bei der Anwendung der verschiedenen Auslegungsprinzipien in G 2/12 und G 2/13 Bezug genommen hat, sind nachstehend wiedergegeben.