3. Antrag auf Überprüfung nach Artikel 112a EPÜ
In R 1/18 musste die Große Beschwerdekammer entscheiden, ob der Überprüfungsantrag aufgrund der nicht fristgerechten Zahlung als nicht gestellt galt oder als unzulässig anzusehen war. Die gleiche Frage stellte sich im Zusammenhang mit dem Wiedereinsetzungsantrag. Die Große Beschwerdekammer sah keinen Grund, die Schlussfolgerungen aus der Stellungnahme G 1/18 (ABl. EPA 2020, A26) nicht auf die Bestimmungen über die Rechtsfolgen einer verspäteten Zahlung der Gebühr für den Überprüfungsantrag anzuwenden. So kam sie zu dem Schluss, dass der Antrag auf Überprüfung als nicht gestellt galt und die Gebühr für den Überprüfungsantrag zurückzuzahlen war. Hinsichtlich des Wiedereinsetzungsantrags im Allgemeinen stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass R. 136 (1) letzter Satz EPÜ genauso formuliert ist wie der in der Stellungnahme G 1/18 geprüfte Art. 108 Satz 2 EPÜ. In R. 136 (1) EPÜ ist aber auch festgelegt, dass die Frist für die Stellung des Antrags im Normalfall durch den Wegfall des Hindernisses in Gang gesetzt wird. Somit kann die Frist für die Stellung eines Antrags auf Wiedereinsetzung nicht immer ohne eingehende Prüfung der Sachlage bestimmt werden (die Überlegungen in G 1/18, insbesondere Nr. IV.3 der Begründung, sind also nicht direkt anwendbar – auch wenn es sich nur um eine Rechtsfiktion handelt, ist es widersinnig, die Begründetheit eines nicht existierenden Antrags zu prüfen). Nun sieht R. 136 (1) Satz 2 EPÜ aber andere Regeln für die Wiedereinsetzung in die Frist für einen Antrag auf Überprüfung nach Art. 112a EPÜ vor. Da somit im vorliegenden Fall eine rein formale Prüfung ausreichte und es keiner sachlichen Prüfung des Wiedereinsetzungsantrags bedurfte, hielt die Große Beschwerdekammer als korrekte Rechtsfolge der verspäteten Zahlung fest, dass der Antrag als nicht gestellt gilt und die Gebühr für den Wiedereinsetzungsantrag ebenfalls zurückzuzahlen ist (s. auch T 46/07, Nr. 1.3.2 der Entscheidungsgründe). Die Große Beschwerdekammer konnte daher in ihrer Besetzung nach R. 109 (2) a) EPÜ entscheiden, dass der Wiedereinsetzungs- und der Überprüfungsantrag als nicht gestellt gelten. Die Rückzahlung der Gebühren wurde angeordnet.
3.8. Frist für die Einreichung eines Antrags auf Überprüfung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Nach Art. 112a (4) EPÜ ist ein Antrag auf Überprüfung innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Beschwerdekammerentscheidung zu stellen (oder innerhalb von zwei Monaten nach Feststellung der Straftat, falls anwendbar).
In der Entscheidung R 3/14 befand die Große Beschwerdekammer, dass es sich bei der in Art. 112a (4) Satz 2 EPÜ ausdrücklich festgelegten zweimonatigen Frist um eine verbindliche Frist für das Vorlegen von Gründen und Vorbringen, die den Antrag auf Revision unterstützen, handele, von der nicht abgewichen werden kann.
In R 5/14 erklärte die Große Beschwerdekammer, dass die Stellung eines Überprüfungsantrags und die Entrichtung der entsprechenden Gebühr vor Zustellung der mündlich verkündeten Entscheidung den Antrag nicht nach Art. 112a (4) EPÜ unzulässig machen (s. auch R 20/10).
In R 2/10 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass die ständige Rechtsprechung der Beschwerdekammern, wonach die bloße Bezahlung der Beschwerdegebühr keine für die zulässige Einlegung der Beschwerde ausreichende Handlung ist, entsprechend auf das Überprüfungsverfahren anzuwenden ist.
- Rechtsprechung 2019