3. Beurteilung mangelnder Einheitlichkeit der Erfindung
3.1. Allgemeiner Ansatz – Inhalt der Ansprüche
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Nach Art. 3 (4) iii) PCT hat eine internationale Anmeldung "den vorgeschriebenen Anforderungen an die Einheitlichkeit der Erfindung", die im Einzelnen in R. 13 PCT niedergelegt sind, zu entsprechen. Im EPÜ sind die Anforderungen an die Einheitlichkeit in Art. 82 EPÜ und R. 44 EPÜ zu finden.
In W 6/97 wurde festgestellt, dass die Einheitlichkeit einer Erfindung anhand des Inhalts der Ansprüche beurteilt werden muss, wobei diese im Lichte der Beschreibung sowie etwaiger Zeichnungen auszulegen sind. Die Kammer bezog sich auf Anlage B, Teil 1 b) der PCT-Verwaltungsvorschriften (entspricht Anlage B, Absatz b) in der seit 1.1.2019 geltenden Fassung), in dem dieser Grundsatz aufgestellt wird, und führte aus, die Verwaltungsvorschriften seien nicht nur für die ISA, sondern auch für die Beschwerdekammer in ihrer (ehemaligen) Eigenschaft als "Ausschuss aus drei Mitgliedern" gemäß R. 40.2 c) und e) PCT verbindlich (s. G 1/89, ABl. 1991, 155; zum 1.4.2005 wurden die Verweise auf den "Ausschuss aus drei Mitgliedern" in der Ausführungsordnung zum PCT durch Verweise auf das "Überprüfungsgremium" ersetzt – s. auch dieses Kapitel II.B.1. "Einleitung").
In W 39/90 hielt die Kammer fest, dass der technische Zusammenhang zwischen den Gegenständen verschiedener Ansprüche nicht durch die formale Wortwahl oder durch Rückverweisungen hergestellt wird, sondern durch den eigentlichen Inhalt der Ansprüche, der somit für die Frage der Einheitlichkeit entscheidend ist. Wie die Kammer im Verfahren W 33/92 betonte, schreibt R. 13.1 PCT nicht vor, dass die Verbindung zwischen den Gegenständen zweier unabhängiger Ansprüche in ihrem Wortlaut zum Ausdruck kommen muss. Erforderlich sei lediglich das Vorhandensein einer einzigen erfinderischen Idee.
In G 1/89 (ABl. 1991, 155) wies die Große Beschwerdekammer darauf hin, dass es weder im PCT selbst noch in seiner Ausführungsordnung Bestimmungen darüber gibt, wie zu entscheiden ist, ob eine internationale Anmeldung dem Erfordernis der Einheitlichkeit der Erfindung entspricht oder nicht. In den Richtlinien für die internationale Recherche nach dem PCT heißt es jedoch, dass mangelnde Einheitlichkeit möglicherweise sofort – a priori –, d. h. vor einer Prüfung der Ansprüche im Hinblick auf den Stand der Technik, oder erst a posteriori, d. h. nach Berücksichtigung des Stands der Technik, erkennbar sein kann (s. Abschnitt RL/ISPE 10.03 der PCT-Richtlinien für die internationale Recherche und die internationale vorläufige Prüfung in der seit 1.1.2019 geltenden Fassung). S. auch nächsten Abschnitt.