1.3. Einspruchsabteilung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Gemäß Art. 19 (2), Satz 5 EPÜ kann die Einspruchsabteilung, wenn sie es für erforderlich hält, ein rechtskundiges Mitglied hinzuziehen.
In T 990/06 stellte die Kammer fest, dass die Zusammensetzung der Einspruchsabteilung zu jedem wesentlichen Zeitpunkt im Einspruchsverfahren klar und überprüfbar sein muss um die Erfüllung der Bestimmungen des Art. 19 (2) EPÜ 1973 sowie die Unparteilichkeit der Mitglieder dieses Spruchkörpers gemäß G 5/91 (ABl. 1992, 617) für die Parteien überprüfbar zu machen. Die rechtmäßige Besetzung der Einspruchsabteilung ist von primärer Bedeutung für das Einspruchsverfahren. Ist die rechtmäßige Besetzung in Zweifel zu ziehen, dann ist die Rechtmäßigkeit der Entscheidung auch zu bezweifeln. Hier lagen Widersprüche zwischen den Schriftstücken, die den Parteien zugestellt wurde, und einer internen Verfügung vor. Die Akte enthielt keine Hinweise über eine anscheinend stattgefundene Erweiterung bzw. Verkleinerung. Es war daher für die Kammer unmöglich zu prüfen, ob die in der mündlichen Verhandlung verkündete Entscheidung von einer rechtmäßig besetzten Einspruchsabteilung getroffen wurde, bzw. ob die schriftlich begründete Entscheidung von dem gleichen Spruchkörper erging. Auch das Verfahren zur Ergänzung der Einspruchsabteilung mit einem rechtskundigen Mitglied – oder dessen Ausscheiden – nach Art. 19 (2) EPÜ 1973 muss überprüfbar sein.
In T 1254/11 befand die Kammer, dass eine gemäß Art. 19 (2) EPÜ 1973 auf vier Mitglieder erweiterte Einspruchsabteilung grundsätzlich wieder auf drei Mitglieder verkleinert werden kann. Die Entscheidung über die Verkleinerung wird von den vier Mitgliedern getroffen. In dieser Hinsicht schloss sich die Kammer T 990/06 an. Bei der Entscheidung über die Verkleinerung muss die aus vier Mitgliedern bestehende Einspruchsabteilung ihr Ermessen korrekt ausüben. Die Kammer ging von folgender, nicht entscheidungserheblicher Annahme aus: Der Umstand, dass keine Entscheidung über die Erweiterung oder Verkleinerung der Einspruchsabteilung in die öffentlich zugängliche Akte aufgenommen wurde und die Ernennung des neuen Vorsitzenden nur aus dem internen Register des EPA hervorging, stellte einen wesentlichen Mangel des Einspruchsverfahrens dar. Anders als in der Sache T 990/06 war hier aber aus der Akte ersichtlich, dass die Abteilung rechtmäßig erweitert und später rechtmäßig wieder verkleinert worden war.
In T 1088/11 entschied die Kammer, dass eine Einspruchsabteilung die Entscheidung über ihre Erweiterung grundsätzlich wieder aufheben kann. Wurde jedoch eine Einspruchsabteilung gemäß Art. 19 (2) EPÜ erweitert, der Fall aber in einer dreiköpfigen Besetzung entschieden, dann sollte die öffentlich zugängliche Akte klare Nachweise dafür enthalten, dass die Einspruchsabteilung in der vierköpfigen Besetzung vor dem Erlass der abschließenden Entscheidung entschieden hat, die Erweiterung aufzuheben.