3.1. Bindung an die Anträge – Verbot der "reformatio in peius"
3.1.3 Fälle, in denen das Verschlechterungsverbot keine Anwendung findet
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 1178/04 (ABl. 2008, 80) stellte die Kammer fest, dass das Verbot der "reformatio in peius" keine Anwendung finde, wenn es um die Berechtigung einer Person zur Teilnahme am Verfahren gehe; hierbei sei zu berücksichtigen, dass dieses Verbot hauptsächlich von dem im deutschen Recht fest verankerten Grundsatz des Verschlechterungsverbots übernommen worden sei. Dieses Prinzip finde keine Anwendung in Fällen, in denen a) Verfahrensvoraussetzungen für die Stellung von Anträgen vor Gericht bestünden und b) diese Voraussetzungen unverzichtbarer Art seien, sodass sich das Gericht selbst vergewissern müsse, dass sie erfüllt seien. Bei Patentverfahren wie dem vorliegenden umfassten derartige Voraussetzungen die Zulässigkeit des Einspruchs selbst sowie die Parteifähigkeit der betreffenden Person.
Unter Verweis auf T 1178/04 stellte die Kammer in T 384/08 fest, dass die Zulässigkeit des Einspruchs eine unverzichtbare prozessuale Voraussetzung der sachlichen Prüfung des Einspruchsvorbringens in jedem Verfahrensstadium ist. Die Kammer hatte die Frage der Übertragung der Einsprechendenstellung daher von Amts wegen zu prüfen, bevor sie in der Sache entscheiden würde.