4.3. Artikel 112a (2) c) EPÜ – angeblicher schwerwiegender Verstoß gegen Artikel 113 EPÜ
In der in R 3/16 angefochtenen Entscheidung hatte der Antragsteller geltend gemacht, dass sobald ein Einwand nach Art. 24 (3) EPÜ erhoben wurde, das abgelehnte Mitglied nicht mehr in irgendeiner Weise an der Entscheidung mitwirken könne, sei es in Bezug auf die Zulässigkeit oder die Begründetheit des Einwands. Wie die Große Beschwerdekammer feststellte, sieht Art. 112a (2) a) EPÜ die Situation vor, dass ein Mitglied der Kammer trotz einer Ausschlussentscheidung nach Art. 24 (4) EPÜ oder unter Verstoß gegen Art. 24 (1) EPÜ an einer Entscheidung mitgewirkt hat. Beides traf im vorliegenden Fall nicht zu, denn die Mitglieder waren weder ausgeschlossen worden noch wurde ein persönliches Interesse behauptet. Daher gelangte die Große Beschwerdekammer durch bloße Anwendung der in ihrer ständigen Rechtsprechung zu Art. 112a EPÜ entwickelten Grundsätze zu folgendem Schluss: wenn die angebliche Rechtswidrigkeit der Zusammensetzung nicht auf eine Verletzung des rechtlichen Gehörs oder die Nichtbeachtung eines Antrags zurückgeht, liegt dieser Grund (Ablehnung nach Art. 24 (3) EPÜ) offenbar außerhalb des Umfangs, worauf eine Überprüfung gestützt werden kann, zumal er in Art. 112a EPÜ nicht aufgelistet ist. Der Antragsteller behauptete, dass allgemein anerkannt sei, dass ein Beteiligter nicht verpflichtet sei, vor einem rechtswidrigen Gericht zu erscheinen; dies könne im Gegenteil sogar schädlich sein, da der Anspruch auf rechtliches Gehör vor einem solchen Gericht nicht angemessen gewährleistet werden könne, was die Frage aufwerfe, ob ein Beschwerdeverfahren vor einer rechtswidrig zusammengesetzten Kammer an sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs darstelle. Diese Frage blieb jedoch offen, da die Große Beschwerdekammer nicht zu dem Schluss kam, dass die Kammer das Verfahren nach Art. 24 (4) EPÜ tatsächlich ignoriert hatte. Bezüglich der Tatsache, dass der Antragsteller den ersten Bescheid falsch verstanden hat, hielt die Große Beschwerdekammer fest, dass der Antragsteller selbst dafür verantwortlich sei, wenn er einer mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt habe, auf der die angebliche Missverständlichkeit eines Bescheids hätte ausgeräumt werden können. Es stehe einem Antragsteller frei, einer mündlichen Verhandlung fernzubleiben, doch treffe er diese Entscheidung auf eigene Gefahr, da eine Kammer nicht verpflichtet ist, eine mündliche Verhandlung aufzuschieben, nur weil ein Beteiligter nicht anwesend ist, vorausgesetzt, sie stützt ihre Entscheidung auf die schriftlichen Tatsachen und Argumente (R. 115 EPÜ und Art. 15 (3) VOBK 2007).
4.3.15 Kein Anspruch auf eine Mitteilung; angeblich irreführende Mitteilung
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
Wird überhaupt eine Mitteilung erlassen, dann als ein Instrument, über das die Kammer verfügt, um das Beschwerdeverfahren und vor allem die mündlichen Verhandlung effizient durchzuführen. Der Nichterlass einer Mitteilung verletzt das rechtliche Gehör nicht (R 16/09). In R 14/12 befand die Große Beschwerdekammer, dass, wenn eine Kammer beschließt, keine Mitteilung zu erlassen, davon auszugehen ist, dass sie den gesamten Akteninhalt für die Debatte im Rahmen der mündlichen Verhandlung als relevant erachtet.
In R 3/09 stellte die Große Beschwerdekammer fest, dass Abweichungen zwischen der vorläufigen Auffassung einer Kammer, wie sie in einem Bescheid zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck kommt, und der endgültigen, in der Entscheidung festgehaltenen Analyse für sich genommen keinen schwerwiegenden Verfahrensmangel darstellen.
In R 3/16 gab die Große Beschwerdekammer an, dass ein Antragsteller selbst dafür verantwortlich sei, einer mündlichen Verhandlung nicht beigewohnt zu haben, auf der die angebliche Missverständlichkeit eines Bescheids hätte ausgeräumt werden können. Es stehe einem Antragsteller frei, einer mündlichen Verhandlung fernzubleiben, doch treffe er diese Entscheidung auf eigene Gefahr, da eine Kammer nicht verpflichtet ist, eine mündliche Verhandlung aufzuschieben, nur weil ein Beteiligter nicht anwesend ist, vorausgesetzt, sie stützt ihre Entscheidung auf die schriftlichen Tatsachen und Argumente (R. 115 EPÜ und Art. 15 (3) VOBK 2007). S. auch Kapitel III.B.2.7.3 "Nichterscheinen in der mündlichen Verhandlung vor den Kammern – Artikel 15 (3) VOBK 2007".
- Rechtsprechung 2019