4.2.2 Tests und Versuche
Dies ist die 9. Ausgabe (2019) dieser Publikation; für die 10. Ausgabe (2022) siehe hier |
In T 702/99 machte die Kammer ausführliche Bemerkungen zur Beweiskraft von Versuchen als Beweismittel. Sie hielt es für wesentlich, dass Vergleichstests, die von einer Reihe von Personen als Beweis für oder gegen Eigenschaften wie das verbesserte "Anfühlen" eines Produkts (z. B. Kosmetikum) durchgeführt würden, unter Bedingungen stattfänden, die eine maximale Objektivität der Personen gewährleisten, die die Tests durchführen. Verfahrensbeteiligte sollten bei der Vorbereitung solcher Versuche als Beweismittel die gleichen Standards anwenden wie bei der Vorbereitung von Versuchsdaten. Obwohl dem Einsatz unabhängiger Personen natürlich mehr Gewicht beigemessen werden könnte, kann gegen den Einsatz von Angestellten nicht per se etwas eingewendet werden, solange die Testbedingungen so gestaltet seien, dass die Angestellten nicht durch die vorherige Kenntnis des getesteten Produkts oder die Erwartungen ihres Arbeitgebers in Bezug auf die Ergebnisse des Tests beeinflusst seien. Die Darlegung von testbezogenen Beweisen muss auch genau sein, wobei das Format der Darlegung zweitrangig ist; ein sorgfältig vorbereiteter Bericht und/oder eine sorgfältig vorbereitete Tabelle können ebenso viele Informationen vermitteln wie eine große Zahl von Feststellungen der Tester.
In T 275/11 betraf die Erfindung einen Stoff zum Bleichen/Strähnen von Haaren. Zum Nachweis, dass die Aufgabe erfolgreich gelöst wurde, verwies der Beschwerdeführer (Patentinhaber) auf zwei Vergleichsbeispiele. Die Kammer führte T 702/99 an und verwies darauf, dass die Tests unter den Bedingungen einer Blindstudie durchgeführt wurden, um jeden Verdacht der Befangenheit zu vermeiden. Die Kammer erklärte, dass keine Angaben zu den Versuchsbedingungen vorgelegt wurden, sodass die vom Beschwerdeführer genannten Wirkungen nicht berücksichtigt werden konnten.
In T 301/94 erklärte die Kammer zum Thema Neuheit, dass – wie die vom Einsprechenden (Saint-Gobain Emballage) vorgelegten Analysen zeigten – die Ergebnisse von zwei Laboren (nämlich des Institut National du Verre in Belgien und von Saint-Gobain Recherche) für die Zusammensetzungen und die optischen Eigenschaften der Glasflaschen allesamt in die in Anspruch 1 des Streitpatents definierten Bereiche fielen und die Ergebnisse der Analysen soweit übereinstimmten, dass sie als zuverlässig gelten konnten.
- Rechtsprechung 2021